Montag, 30. Mai 2011

Marmelada, zurück ins Haus!

Zu diesem Blogtitel hat mich der Comic "Asterix auf Korsika" von René Goscinny und Albert Uderzo inspiriert. Als Kinder habe ich sämtliche bis dahin erschienenen Hefte besessen und teilweise auswendig zitieren können. Und die Reste meines Latinums bestehen größtenteils aus den Zitaten, die in diesen Geschichten präsentiert wurden.

Viel zuwenig bekannt ist die Tatsache, dass sich zuerst Ralf Kauka an der Übersetzung der Asterix-Bände versuchte. Nachdem er aber die wackeren Gallier und ihre Abenteuer extrem sinnentstellend eindeutschte ("Siggi und Barrabas"), wurde ihm die Lizenz dafür entzogen.

Daraufhin gingen die Rechte an den Ehapa Verlag in Stuttgart. 29 Bände wurden von Gudrun Penndorf mit sehr viel Sprachwitz übersetzt. "Die spinnen, die Römer" stammt genauso von ihr wie "Orgien, Orgien, nichts als Orgien!"

Besonders bei der Umsetzung der Namen, die sich nicht wortwörtlich übersetzen ließen, hat sie mit Behutsamkeit und gleichzeitiger Kreativität geglänzt und damit Maßstäbe gesetzt.

Mittlerweile feiern Asterix und Obelix bereits ihr 52. Jubliäum und es sind 32 Alben erschienen.

Haben die Jugendlichen von heute noch genausoviel Spaß daran wie wir damals? Sollte das der Fall sein, werde ich wohl mal auf den Dachboden meines Elternhauses klettern müssen und das zusammenkratzen, was von meiner Sammlung nach Gebrauch durch meinen jüngeren Bruder übrig geblieben ist.

Und wie komme ich jetzt von Asterix zurück zum Hauptthema des heutigen Beitrags?
Mit Hilfe von Marmelada.
Dieses Wort ist in diversen Sprachen das Wort für Marmelade und leitet sich vom lateinischen "melimelum" (süßer Apfel) her.

Marmelada, zurück ins Haus!

Genau da habe ich mich heute betätigt. Natürlich sinnvoll und kreativ.

Das Ergebnis: Drei neue Fruchtaufstriche.

Nr. 1 besteht aus Himbeeren und 2:1-Gelierzucker. Schlicht und ergreifend, weil ich den Himbeergeschmack mit seinem reichen Aroma gern pur genieße. Aber als kleines Schmankerl habe ich das Fruchtmus durch ein Sieb passiert, um die lästigen Kerne loszuwerden. Es ist also ein Himbeer-Gelee entstanden.

Nr. 2 werde ich sicherlich noch häufiger machen, weil mir diese Kombination ausgesprochen gut gefällt:
Nektarine-gelbe Kiwi
500g entkernte, geschnittene Nektarinen (mit Schale)
800g geschälte gelbe Kiwi
650g Gelierzucker
Alles kleinschnippeln, den Gelierzucker dazugeben, 4 Stunden lang ziehen lassen und zwischendurch immer wieder umrühren, damit sich reichlich Saft bildet. Gründlich mit dem Stabmixer pürieren. Anschließend hat das Ganze die Konsistenz eines Smoothies. Dann passiert man diese Mischung durch ein feines Sieb, um die Reste der Nektarinenschale und die kleinen Kerne der Kiwis aus dem Fruchtmus herauszuholen.
Anschließend kocht man das Fruchtmus nach Anleitung auf, lässt es 4 Minuten unter stetigem Rühren sprudelnd kochen (Achtung, diese Mischung steigt ausgesprochen gern über den Topfrand und verwüstet die Küche!) und befüllt die sterilisierten Gläser.

Gelbe Kiwis schmecken mir besser als grüne Kiwis, sie haben nach meiner Wahrnehmung weniger Säure. Außerdem kann man sie auch in rohem Zustand mit Milchprodukten gemeinsam verarbeiten, ohne dass die enthaltenen Enzyme für einen bitteren Geschmack sorgen. Gemeinsam mit den Nektarinen ergibt das ein fruchtig-frisches Aroma, das erstaunlich säurearm ist.

Wir haben diese köstliche Marmelade dann gleich heute Abend verkostet, und zwar als Beilage zu Pancakes.


Rezept Pancakes:
5 Eier trennen, Eiweiß zu Eischnee schlagen, die Eigelbe mit
Mehl
1 Prise Salz
Milch in einer zweiten Schüssel zu einem recht zähen Teig anrühren.
Den Eischnee unterheben, so dass man einen luftig-schaumigen Teig erhält.

Mit etwas Fett in der beschichteten Pfanne auf mittlerer Stufe braten. Heiß mit einem Klecks Marmelade servieren. "Köstlich!" sagt mein Vierjähriger und nimmt sich mehrfach Nachschlag.

Ich glaube, ich nenne diese Kreation "Goldenes Glück".

Und weil ich dank des küchenverwüstungsfreudigen Nektarine-Kiwi-Fruchtaufstrichs ohnehin den Herd schrubben muste, habe ich dann noch spontan ein Wein-Trauben-Rosé-Gelee gemacht.

500g Traubensaft rosé (mal in der Getränkeabteilung stöbern)
250g Portugieser Weißherbst (Roséwein)
500g Gelierzucker 2:1 (bei Gelees wird also nicht die doppelte Menge Frucht zum Zucker berechnet, sondern nur die 1,5fache Menge)

Zubereitung wie gehabt, also Erhitzen und 4 Minuten lang unter stetigem Rühren kochen lassen. Der Alkohol* verkocht aufgrund des niedrigeren Siedepunktes dabei weitestgehend, aber die Aromen des Weins bleiben recht gut erhalten. Wichtig ist hierbei, einen hochwertigen Traubensaft und einen anständigen Wein zu verwenden, damit das Gelee nicht nur süß, sondern auch reich an Aromen wird.

*Dennoch empfehle ich, Marmeladen und Fruchtaufstriche, bei denen Alkohol verwendet wurde, entsprechend zu kennzeichnen und von Kindern und anderen ungeeigneten Verbrauchern fernzuhalten.

Das Gelee ist unglaublich lecker! Und wenn erst endlich meine zartrosa-elfenbeinfarbenen Rosen blühen, werde ich dieses Rezept nochmal mit einer Handvoll Rosenblätter zubereiten.

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Nachkochen!

Eure Postpanamamaxi

Donnerstag, 26. Mai 2011

Mieses Foto, toller Tipp: leckere Marmelade und mehr!

Dies sind die ersten Marmeladen dieser Saison, die in meiner Küche entstanden sind:
Erdbeere mit tschechischem Rum und  Apfel-Rhabarber-Zimt.

Und weil ich es gern säurebetont mag beim Rhabarber, habe ich 1:2 Gelierzucker verwendet. Es sind also strenggenommen "Fruchtzubereitungen" und keine Marmeladen. Dieser Begriff wird im Zuge der fortschreitenden Europäisierung nur noch für Produkte aus Zitrusfrüchten verwendet. Ich pfeif drauf!

Wer es gern etwas süßer mag, nimmt lieber 1:1 Gelierzucker.
Dieser hat nebenbei auch den Vorteil, dass die Marmeladen etwas länger haltbar sind. Wobei meine nie die Gelegenheit bekomm, zu überlagern, weil sie vorher verschenkt und verspeist wird.

Für den Hausgebrauch nehme ich gern die 270ml Sturzgläser, ansonsten verwende ich auch sehr gern die Gläser, in denen das Tomatenmark für die Pizza-Kits verpackt ist. Die sind nicht zu groß und schließen zuverlässig. Ich mag keine Riesengläser mit Marmelade, an denen man endlos isst und mache lieber häufiger ein frisches Glas auf.

Von der Verwendung von Babykost-Gläschen kann ich nur dringend abraten: Die halten nicht zuverlässig dicht. Mir ist auf diese Weise mal die Hälfte meiner Marmeladen verdorben.

Auf dem Foto könnt Ihr meine neuen Gläser bewundern, die ich bei Holtermann bestellt habe. Die ovalen Gläser mit 212ml Volumen (0,39 Euro/St.) findet man übrigens auch mit Pesto gefüllt bei Albrechts Delikatessengeschäft.

Und die kleinen Sturzgläser enthalten 70ml und sind nur 35mm hoch (0,34 Euro/St.) - die passen wunderbar in Versandkartons für Maxibriefe und für all die kommenden Wichtelaktionen werden die mir gute Dienste leisten.

Während alle möglichen Leute bereits fröhlich ihren selbstgemachten Holundersirup präsentieren, warte ich immer noch sehnsüchtig auf den Beginn der Blüte. Hier im Norden dauert es immer etwas, bis der Frühsommer auch bei uns einzieht.

Und hier habe ich noch etwas, das Euch vielleicht interessieren könnte:
Entschuldigt die schlechte Fotoqualität. Der Tipp ist dafür umso besser.
All diese tollen Rezepthefte und Broschüren gibt es kostenlos bei www.diamant-zucker.de und sie enthalten sehr viele Rezepte und gute Tipps. Und auf der HP findet Ihr noch mehr tolle Sachen zum kostenlosen Download, beispielsweise tolle Etikettenvorlagen.

Auch unter www.mein-suedzucker.de und www.sweet-family.de gibt es viele tolle Broschüren, Etiketten und Rezepte zum kostenlosen Download bzw. zum Bestellen. Teilweise fallen allerdings Versandkosten an, also aufpassen!

Und nein, für meine Empfehlungen hier erhalte ich kein Geld. An meiner Maxime, einen werbefreien Blog zu betreiben, halte ich fest. Aber wenn ich entdeckt habe, wo es etwas Tolles günstig oder gratis gibt, dann nehme ich mir die Freiheit, diese Tipps mit Euch zu teilen.

Viele Grüße
Postpanamamaxi

Sonntag, 22. Mai 2011

Norddeicher Sommertraum-Seife


Diese Seifen habe ich für liebe sehr weitläufig Verwandte von mir gemacht. Sie betreiben Landwirtschaft und bieten Urlaub auf dem Bauernhof an.
Mit diesen Seifen sollen die Urlauber begrüßt werden.

Der Clou dabei: Das Rapsöl, das in dieser Seife verwendet wurde, ist nativ kaltgepresst und stammt aus der hofeigenen Ölmühle vom Witthohn-Hof.
Man kann es in ausgewählten Hofläden, Feinkostgeschäften und Supermärkten erwerben. Maike und Carsten waren so nett, mich großzügig mit ihrem Öl zu versorgen (ich habe jetzt meine eigene Rapsölquelle!).

Neugierig geworden? Hier könnt Ihr mehr über das flüssige Gold aus Norddeich und auch über Ferien an der Nordseeküste erfahren. Das Rapsöl ist u.a. in Supermärkten, Feinkostläden und Hofläden in Norderdithmarschen und Eiderstedt zu erwerben.

Diese Seife enthält u.a. 22% hofeigenes Rapsöl und satte 20% Bio-Ringelblumen-Mandelöl-Mazerat, sie ist mit 7% überfettet und duftet nach PÖ Ringelblume von Behawe. Und die Lauge wurde in Bio-Ringelblumenaufguss angerührt. Diese Seife hat also äußere und innere Werte anzubieten und wird sicherlich für Begeisterung bei den beschenkten Gästen sorgen.

Dieser "grüne Malachit" (noch nicht aufgehübscht) duftet nach English Rain von SP. Meine Freundin Stefanie hat mir ein Seifenküchen-Aufräumpaket geschickt und da ich bislang noch kein Titandioxid ausprobiert hatte, habe ich die Gelegenheit genutzt und herumprobiert. Da sind sicherlich noch Verbesserungen zu machen, aber mit diesen beiden Seifen bin ich schon recht zufrieden.
Danke für das tolle Paket. Ich freue mich schon auf weitere schöne Experimente in der Seifenküche.

Wie heißt diese Pflanze, die bei mir wild in Pulks wuchert?
Diese blaue Glockenblume wuchert in meinem Garten fröhlich vor sich hin. Sie kommt jedes Jahr wieder und erfreut mich im Mai mit sattgrünen Blättern und hell- bis dunkelblauen Blütenständen. Leider habe ich keine Ahnung, wie diese Pflanze heißt. Könnt Ihr mir helfen?
Jetzt blüht sie wieder, die Pfingstrose, die ich vor 13 Jahren als kleinen Ableger von meiner Großmutter bekommen habe. Jedes Jahr zu Winterende scheint es, als wäre sie eingegangen, doch dann schiebt sie ihre bräunlichgrünen Triebe aus der Erde und dann ist binnen weniger Wochen ein riesiger Pulk Blattwerk und Blüten entstanden. Ich bewundere diese robuste Pflanze, die meine nichtvorhandenen gärtnerischen Fertigkeiten souverän ignoriert und trotzdem reich blüht.

Der Duft von Pfingstrosen ist etwas, das ich immer mit meiner Großmutter verbinden werde.
Ich habe mir vorgenommen, als Nächstes noch rosafarbene und helle Pfingstrosen anzupflanzen.

Noch so ein Gewächs, das meiner kläglichen Gärtnerei erfolgreich trotzt und für Farbe im Grün sorgt, die Kornblume. Ich lasse sie fröhlich wuchern, denn sie wird sogar mit der Ackerwinde souverän fertig und außerdem ist sie eine Bienenweide, die nach dem Abblühen des Rapses für Nahrung sorgt.


Und dieses ist meine Lieblingsrose. Im Moment könnte man vermuten, es ist eine hellgelbe Sorte mit rotgeflammten Blatträndern. Aber wenn sie aufgeht, entpuppt sie sich als reich gefüllte cremeweiße Sorte mit einem Hauch Apricotrosé an den Blatträndern. Ich habe keine Ahnung, wie sie heißt oder was für eine Sorte sie ist. Sie ist sehr robust, frostfest und blüht jedes Jahr wiederkehrend ab Juni. Hauptblütezeit ist Juni-Juli, aber bis weit in den Spätherbst hinein trägt sie immer wieder neue Blüten.

Wenn sie aufgeblüht ist, zeige ich Euch mal ein Foto von dieser fleißigen Schönheit.

PS: Hat jemand zufällig Clematis/Passionsblumen abzugeben? Ich tausche gegen Seife!

Viele Grüße
Postpanamamaxi

Mittwoch, 11. Mai 2011

Hollerseife und Pfingstrosenseife

Pfingstrose


Holunder 
Hier möchte ich Euch meine beiden neuesten Seifen vorstellen: Pfingstrose (Peony) und Holunder (Elderwood, beides von SP).

Beide Seifendüfte ließen sich gut verarbeiten und das für Blütendüfte so häufige beschleunigte Andicken blieb aus. Ich konnte tatsächlich die Spoonswirl-Technik ausprobieren, die momentan durch das NSF schwirrt und für wilde Kreatitivätsausbrüche sorgt.

Auch das für Peony angekündigte Nachdunkeln zu einem Elfenbeinton blieb bislang aus, obwohl die Seifen mittlerweile seit über einer Woche geschnitten sind und reifen.

Da sich die zeitgleich gesiedete Rosenduftseife nicht aus dem Divi heraustraut, bin ich jetzt dabei, den Inhalt des Gefrierfachs zu verkochen und an meine Familie zu verfüttern. Ohne TK-Nacht werde ich die Rosenseife wohl nicht aus dem Divi herausbekommen. Schade, denn sie duftet herrlich und hat sehr schöne Rot-Rosa-Töne angenommen. Ich bin wirklich neugierig, wie sie sich als einzelnes Stück macht.

Viele Grüße
Postpanamamaxi

Dienstag, 10. Mai 2011

Vorn bleibt vorn!

"Die ersten werden die Letzten sein", so steht es in der Bibel im Neuen Testament.
Im Matthäus-Evangelium wird es gleich zweimal erwähnt und auch Markus und Lukas nahmen sich dieses Themas an.

Da will ich mich doch mal ganz dreist anschließen und eine moderne Interpretation dieses Bibelwortes nachliefern.

Heute - wie so häufig - erlebte ich im Supermarkt folgende Situation:

Die Schlange vor der einzigen Kasse ist gefühlte Kilometer lang. Es staut sich bis zur Tiernahrung und zum Waschmittel.
Langsam und geduldig bewege ich mich mit meinem halbvollen Einkaufswagen, dem Einjährigen im Klappsitz und dem Vierjährigen als Ballastgewicht am Drahtkorb anhängend nach vorn. Die Kassiererin tut, was sie kann, und sie ist wirklich schnell. Trotzdem kommt es mir vor, als würden die Sekunden aus der Uhr tropfen. Zum Glück sind die Kinder entspannt und erstaunlich ruhig.

Nach einigen Minuten sind wir von Platz 10 auf Platz 5 in der Warteschlange vorgerückt. Hinter uns stehen bestimmt noch 8 weitere Wartende.

Da erbarmt sich einer der Supermarktbeschäftigten, lässt die halbabgeräumte Palette stehen und öffnet eine zweite Kasse. Wunderbar, denke ich, und mache mich bereit, aus der Reihe auszuscheren und mich an der neueröffneten Kasse anzustellen. Denn so langsam werden meine Kinder unruhig und verlieren die Geduld. Da bin ich für jede gesparte Minute dankbar.

Zu früh gefreut. Jetzt setzt der allgemeine Verdrängungswettbewerb an der Kasse an. Sozialdarwinismus in Reinkultur. Wer am schnellsten rennen kann, bekommt die besten Plätze.

Und so eine lahme Vollzeitmutti mit gleich zwei Ballastgewichten im Einkaufswagen kann man wunderbar beiseitedrängen, überholen, sich davor schieben.

Es ist in höchstem Maße ungezogen, dass sich die Schnelleren einfach vordrängen. Vorn bleibt vorn.

Was mich besonders enttäuscht, sind die vielen Leute im Rentenalter, die sich diese Ungezogenheit zu Eigen gemacht haben und wahrscheinlich bei nächster Gelegenheit dann wieder lauthals über die unmögliche Jugend (also alles unter 50 Jahren) lamentieren und polemisieren.
Haben die vergessen, dass sie einst auch mal mit Kindern als Entschleuniger einkaufen waren?

Ich bewahre dann meistens Ruhe. Diskutieren mit diesen Leuten bringt ohnehin nichts. Und, statistisch gesehen, haben sie auch mehr Grund zur Eile als ich. Mir bleibt wohl noch mehr Restlebenszeit, da kann ich gern ein paar Minuten länger an der Kasse warten. Trotzdem juckt es den unzivilisierten Seelenanteil in mir, sich mal von seinen Ketten zu befreien und laut zu sagen "lasst man die alte Dame vor, Kinder, die hat nicht mehr so lange zu leben".

Manchmal wünsche ich mir sogar, dass meine Kinder in solchen Momenten zu kreischenden, bockenden Joghurtschmeißern werden...oder dass mein Vierjähriger mal lautstark mit Kindermund kundtut, wie daneben das Verhalten solcher Leute ist.
So aber bleibt mir nur übrig, mich fremdzuschämen und meinen Jungs leise zu erklären, dass das Verhalten der alten Dame, die sich gerade vorgedrängelt hat, nicht in Ordnung ist und dass Zivilisation bedeutet, nicht auf jede Grobheit noch einen Klotz draufzusetzen.
Auch wenn der Neandertaler in einem gerade an der Kette zerrt.

Also, liebe Vordrängler (im fortgeschrittenen Alter):
Die ersten werden die letzten sein, und die letzten werden die ersten sein.
Eines Tages seid Ihr mit dem Rollator unterwegs und nicht mehr so beweglich wie heute. Dann werde ich keine Kinder mehr im Einkaufswagen mitfahren müssen und wesentlich schneller sein. Und meine Kinder werden dann Pubertierchen sein, Euer liebstes Feindbild. Sie sind die Jugend von morgen. Vielleicht sind sie sogar die Altenpfleger von übermorgen.

Überlegt Euch genau, ob es sinnvoll ist, das Recht des Stärkeren so gedankenlos durchzusetzen. Ihr werdet nicht immer die Stärkeren bleiben.

Das ist es, was das Bibelwort, das immer nur halb zitiert wird, wirklich aussagt.

Und noch was: Wenn Ihr nett gefragt hättet, ob ich Euch mit Euren zwei Teilen netterweise an der Kasse vorlassen könnte, hättet Ihr ein freundliches Ja und ein Lächeln draufzu bekommen.

Wie wäre es mal mit Nachdenken...

Liebe Grüße
Postpanamamaxi

PS: Zum Glück sind die allermeisten Leute, die uns beim Einkaufen begegnen, netter und hilfsbereiter Natur.
Die Drängler und Ellenbogennutzer sind zum Glück in der Minderheit, aber wie bei einem Fruchtkompott reicht schon ein faules Früchtchen, um alles zu verderben.

Sonntag, 8. Mai 2011

Muttertag - habe einen gebrauchten erwischt

Und der gebrauchte Muttertag war einer von der Sorte, die schon letztes Mal hätte weggeworfen werden sollen.

Ich bin eigentlich ein positiver und fröhlicher Mensch, aber heute lief so ziemlich alles schief, was schiefgehen konnte.
Das einzige, was klappte, war das Muttertagswichtelpäckchen aus dem NSF.

Kazi war meine Wichtelmama, wie unschwer zu erkennen war. Und das passte sehr gut, denn zufällig war sie im vorangegangenen Osterwichteln mein Wichtelkind gewesen. Das Päckchen enthielt neben einer sommerlich duftenden Seife auch noch Badebomben und einen Duschscrub. Außerdem befanden sich zwei kleine Bücher für meine Jungs im Päckchen. Zum Probieren war noch ein Fläschchen Rhabarber-Vanille-Likör dabei, die sehr lecker duftet.
Und dann war da ein stoffbezogenes "Notebook" im Päckchen, das sie selbst genäht hat. So ein netter Notizblock mit passendem Kugelschreiber war genau das, was mir noch in meiner Handtasche gefehlt hat. Immer, wenn ich einen Zettel brauchte, musste ich irgendwen um einen Kugelschreiber anbetteln und dann auf einem alten Kassenzettel Notizen machen. Das hat jetzt ein Ende.

Vorausgesetzt, ich erwische die Handtasche, wo das "Notebook" drin liegt.
Vielen lieben Dank an Kazi für so ein schönes Wichtelpäckchen.

Von meinen Männern habe ich noch eine Topfrose bekommen, außerdem hat mein Schatz sich mit dem Staubsauger betätigt und geholfen, die Spuren der anstrengenden Woche zu beseitigen.

Anschließend waren wir auf Wunsch eines einzelnen Herrn zur obligatorischen "wir-führen-Mutti-einmal-im-Jahr-zur-Eisdiele-aus"-Runde in den benachbarten Küstenkurort.

Gefühlte Touristenanzahl 5 pro Quadratmeter Fußgängerzone. Vor der Hauptbühne in Wacken kann auch nicht mehr Gedränge sein. Allerdings unterscheidet sich das Publikum grundlegend.

Es war furchtbar voll und laut. In einem überfüllten Café zu sitzen mit zwei kleinen Kindern im Gepäck und umzingelt von irgendwelchen erholungssuchenden Rentnern der Generation 70+ ist doch für keinen der Beteiligten ein Vergnügen. Weder für die Kinder, noch für die Eltern oder die Leute von den Nebentischen. Ich konnte dieses Ansinnen dann auch abbügeln. Eine Kugel Eis in der Waffel war genug.

Und dann haben wir flugs das Weite gesucht, indem ich mich einem Bummel schlichtweg verweigert habe. Eine überfüllte sonntägliche Fußgängerzone in einem Touristenort abzumarschieren ist nun wirklich nicht das, was ich unter einem netten Familiennachmittagsausflug verstehe! Da könnte ich mir Gartenzaunstreichen oder Rasen vertikutieren als schönere Aktion vorstellen.

Irgendwie haben wir immer so ein Pech mit unseren Ausflügen. Sie enden im Fiasko. Wir sind nicht für Sonn- und Feiertage geschaffen. Irgendwas geht immer schief und von der tollen Idee bleibt nur noch eine leere Hülle übrig. Und Enttäuschung, die ich mit einem müden Lächeln zu vertuschen suche. Vielleicht sollten wir uns den ganzen Aufriss sparen und einfach auch Sonntags und im Urlaub weitermachen wie gewohnt.

Freitag waren wir nämlich in Ribe zum Wikingermarkt, der am letzten Tag allerdings schon reichlich ausgedünnt war. Nichtsdestotrotz hatten die Jungs ihren Spaß auf dem tollen Spielplatz. Ich durfte alleine über den Markt und über das Museumsgelände stromern, während mein Partner es sich im Schatten gemütlich gemacht hatte.
Es ist schade, den Eintritt für die ganze Familie zahlen zu müssen und dann doch allein das Museum und den Markt zu besichtigen, aber ich muss schon dankbar sein, dass wir überhaupt  als Familie losgefahren sind.







Habt Ihr das schon mal erlebt, dass man den Sportwagen, die Picknicktasche und die Ersatzkleidung alles brav in den Kofferraum reinräumt und dann am Ziel angekommen die olle Kofferraumklappe partout nicht aufgehen will? Wir haben bestimmt 10 Minuten lang in der Mittagshitze getüftelt, gerüttelt, herumprobiert - keine Chance. Das Schloss klickte, wenn die Zentralverriegelung betätigt wurde. Trotzdem ließ sich die Klappe nicht öffnen. Offenbar werden die Dichtungsgummis vom alten Golf IV langsam klebrig und backen bei Wärme zusammen.

Als es dann gegen Abend kühler wurde und wir wieder zuhause waren, ließ sich alles wieder öffnen. Aber das half uns in Ribe auch nicht wirklich weiter, denn da hätten wir den Sportwagen für unseren Einjährigen benötigt. Das Museumsdorf ist sehr weitläufig angelegt und mein Partner musste den 12kg schweren Kleinen dann die meiste Zeit herumtragen, weil seine kleinen Beinchen ja so müde waren. Und ich hatte echte Rückenprobleme und war froh, wenigstens die Tasche mit den üblichen Notwendigkeiten schleppen zu können.

Dementsprechend unmotiviert war mein Partner, lange Wege zurückzulegen. Insofern war unser Museumsbesuch in Ribe für 3/4 meiner Familie mangels Karre eigentlich ein langer teurer Spielplatzbesuch und mehr nicht.

Fazit: Teurer Eintritt ins Museum, ein fast leerer Markt mit ca. 7 Ständen, stundenlanges Autofahren, teure Hotdogs, teures Eis, ein zickender Kofferraum und ein verklemmter Nerv. Nicht ganz so prickelnd, wie man sich einen Familienausflug eigentlich vorgestellt hat.

Zurück zum heutigen Rest-Muttertag:
Eben der Anruf einer Freundin. Ihre Schwägerin hätte das Blumenstreukleid gewaschen und die Stickerei hat sich komplett aufgelöst.
Jetzt muss ich versuchen, die Stoffhändlerin zu kontaktieren, von der ich den Stickereistoff gekauft habe. Lief über die Auktionsbucht.

Aber selbst wenn sie die Reklamation anerkennt, bekomme ich nur die Kosten für den Oberstoff ersetzt.
Die ganzen anderen Zutaten wie Knöpfe, Garn und Futterstoff kann ich also in den Wind schreiben, denn dafür wird sie ja nicht haften. Genausowenig wie für die viele Arbeit, die ich mir mit den Blumenkleidern gemacht habe.

Und nun sind auch die Petticoats, die ich für meine Blumenkinder passend dazu gekauft habe, obsolet geworden.

Alles in allem hat mich dieses Fiasko runde 200 Euro gekostet, um jetzt auf 4 fertigen Blumenkleidern zu hocken, die wohl nur einmal zu gebrauchen sind, weil das Waschen ihnen nicht bekommt. Und um hier noch 1m Stoff für die Westen sowie 2 weitere zugeschnittene Kleider liegen zu haben. Ich weiß wirklich nicht, ob ich die jetzt noch fertig machen soll oder nicht.
Lust habe ich keine mehr.

Selbst wenn die Reklamation klappen sollte, bekomme ich maximal 40 Euro zurück. Auf dem Rest der Kosten bleibe ich sitzen.

Zu allem Überfluss haben wir ein riesiges Problem, einen Discjockey für die Hochzeit zu finden. Meine Mutter hat gesagt, dass es ohne nicht geht und dass alle reden werden, wenn wir anders feiern als sie erwarten.
Komisch ist nur, dass meinem Partner und mir ein DJ nicht sonderlich wichtig ist für eine gelungene Feier. Auf einer Fete geht es doch auch ohne.

Die meisten DJs, die wir auf den Familienfeiern erlebt hatten, waren irgendwelche Plattenaufleger mit Ideen für alberne Spielchen und viel zu lautem Mikrofon in der Hand. Und die Familie hockte dann doch tanzfaul auf den Stühlen und brüllte sich über die Musik hinweg an, um überhaupt miteinander reden zu können.

Ich finde, bei so einem tanzfaulen Haufen ist ein professioneller DJ wirklich rausgeschmissenes Geld. Wahrscheinlich waren wir deswegen auch so unmotiviert, jemanden zu finden, dem wir 500 Euro dafür geben, dass er mit seiner Beschallung jegliche Unterhaltung am Tisch unmöglich macht.

Es nervt mich schon wieder ganz gewaltig, dass es offenbar immer weniger eine Hochzeit für uns sein wird und immer mehr für die anderen. Und dass hinterher geredet werden wird, ist mir ohnehin klar. Da mache ich mir keine Illusionen.
Dass die Braut fett aussah im Kleid, und ob die sich wohl kein gekauftes leisten konnten...und dann die 2. Hochzeit und ein fast weißes Kleid, wie skandalös...und ob die so arm sind, im alten Passat ohne Blumengesteck auf der Haube zu fahren...und dass ein Bräutigam einen hellen Anzug trägt, der eher eine Kombination als ein Ausgehteil ist...tsstsstss.

Noch so ein Thema: Die Einladungskarten. Noch sind sie nicht gedruckt und angesichts des heutigen Tags bin ich sehr versucht, den ganzen Kram abzublasen. Gefühlte Motivation: Minus 12.

Und ja, hiermit verkündige ich: Es wird keine Gastgeschenke geben. Ich bin kein Freund von Bomboniere oder wie das Geschleuder heißt.
Es kostet eine Menge Geld, Zeit und Arbeit und bei den allermeisten wird es hinterher weggeschmissen oder fristet ein armseliges Leben als Erinnerungsstück in einer Wohnzimmervitrine, gemeinsam mit all dem anderen Krams, der einen nur belastet und den Platz raubt.

Wir wollten doch nur eine fröhliche Hochzeitsfete und keine Feierlichkeit, um irgendwen zu beeindrucken. Wir wollten einfach nur Spaß haben mit unseren Gästen.

Sorry, ich will nicht jammern, aber ich habe gerade so gar keine Lust auf gar nichts mehr. Und das Wort "Blumenstreukleidchen" will ich nicht mehr hören.

Ich habe wirklich nicht die Kraft, da jetzt nochmal von vorn anzufangen.
Müde Grüße
Postpanamamaxi

PS: So langsam wird mir Las Vegas mit einer Drive-In-Wedding wirklich sympathisch...

Mittwoch, 4. Mai 2011

Gute Nachrichten

Wer hier häufiger mitliest, wird vielleicht schon die Veränderung entdeckt haben: Der neue Link zu www.godnews.de

Diese HP wird von Eva Jung und ihrem Team betrieben und ist mehrfach ausgezeichnet worden.
So, wie sie über Gott und die Welt schreibt, kann ich es von Herzen nachempfinden. Viele der geäußerten Gedanken sind sehr kritisch und sie stellt auch mal unbequeme Fragen, genau wie sie mir auf der Zunge liegen. Und ihre Grafiken und Fotos finde ich einfach gut.

Kennt einer von Euch Banksy, den Straßenartist? Seine Graffitti sind in der ganzen Welt verstreut und sie enthalten immer hintergründige Gedanken, die sehr kritisch und teilweise auch höchst ironisch sind.

So wie sein "Blumenwerfer", den Eva Jung als Motiv für ihre Umsetzung der Jahreslosung 2010 gewählt hat: "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!" Römer 12,21

Die Geschichte, wie Eva dieses Motiv praktisch vor die Kameralinse "gestellt wurde", ist einfach bewegend. Es ist eine der Geschichten, die einen am Zufall zweifeln lassen und einen nicht mehr loslassen. Eva ist eine sehr begabte Geschichtenerzählerin. Ihr findet die Geschichte hier. 

Keine Sorge, hier soll keiner missioniert werden und ich habe auch gar keine Lust auf eine Diskussion um den einzig richtigen Glauben.
Das ist nämlich der, der zu einem selbst passt. Ich hab meinen gefunden, und wenn Ihr Euren habt oder auch noch auf der Suche danach seid, ist alles gut und richtig.

Mir sind alle Menschen lieb, die guten Willens sind.
 
Alles Liebe
Postpanamamaxi

Montag, 2. Mai 2011

Alles Liebe zum 64. Hochzeitstag!

Heute, am 2. Mai, hätten meine Großeltern ihren 64. Hochzeitstag gefeiert.
Dieses Jahr wäre mein Großvater im Juli 100 Jahre alt geworden und meine Oma wäre jetzt 87.

Stattdessen sind sie schon lange nicht mehr unter uns. 53 gemeinsame Ehejahre haben sie geschafft.

Oma und Opa lernten sich nach dem Krieg kennen.

Meine Großmutter war mit Opas jüngerem Bruder verlobt und hat kurz vor Kriegsende eine Tochter von ihm bekommen. Bevor er heimkommen und sie heiraten konnte, fiel er irgendwo an der Westfront. Heute nennt man Omas Status "alleinerziehend mit Kind", damals wurde es in der Gesellschaft nicht so entspannt gesehen.

Mein Großvater war verheiratet und beim Endkampf um Berlin wurde er von den Russen gefangen genommen. Bis Oktober 1945 war er gefangen und hätte nach Sibieren gebracht werden sollen, aber es gelang im die Flucht Richtung Heimat. Zu Fuß ging es von Berlin durch die sowjetisch besetzte Zone nach Schleswig-Holstein, das von den Engländern besetzt war. Ab Neumünster fand er eine Mitfahrgelegenheit auf einem Armeelastwagen, die ihn bis über den Nord-Ostsee-Kanal brachte.

Als er auf den letzten Kilometern heimwärts seiner Frau begegnete, hat diese ihn nicht wiedererkannt. Für sie war er nur ein weiterer abgerissener Landser in den Resten seiner Uniform. Opa hat damals 45kg gewogen. Sie hatte nicht mehr damit gerechnet, ihn jemals wiederzusehen. Zuviele galten als vermisst und ihr fehlte die Kraft, weiter zu hoffen. Sie hatte sich aufs Überleben konzentriert und dazu mit ihm abgeschlossen.
Nach ein paar Tagen zuhause erkannte er dann, dass sie sich anderweitig umorientiert hatte und ein besonders gutes Verhältnis zu einem der einquartierten ehemaligen Offiziere hatte.

1946 ließ mein Opa sich scheiden. Auf dem Rückweg vom Amtsgericht kam er an der Wirtschaft vorbei, wo meine Oma mit ihrer Tochter lebte und arbeitete. Er dachte sich, dass er doch bei dieser Gelegenheit kurz ausruhen und seine Beinahe-Schwägerin und die Tochter seines Bruders kennenlernen könnte.

Irgendwie brach die Liebe und die Hoffnung aus...und 1947 wurde geheiratet. Oma und Opa zogen ins Nachbardorf, wo Opa dann seinen Tischlermeister machte und eine kleine Werkstatt als Bau- und Möbeltischler eröffnete. Und Opa war auch der dörfliche Bestatter, richtete die Särge her und betreute die Angehörigen in den organisatorischen Angelegenheiten.

Dann kamen die Kinder...1948 ein Sohn, 1949 eine Tochter. Dann starb der Kleine, der den Namen von Opas Bruder trug. 1950 folgte meine Mutter, 1954 noch eine Tochter.
Es muss hart gewesen sein für meinen Opa, keinen männlichen Erben zu haben, der seinen Betrieb übernehmen würde. Immer wieder starben die männlichen Hoffnungsträger in seiner Familie, diverse Brüder waren gefallen und nun kamen nach dem Tod des einzigen Sohnes nur noch Mädchen zur Welt! Also entschied er sich, dass die Hoffnungsträger in seiner Familie weiblich waren und sorgte dafür, dass seine Töchter alle einen Beruf erlernten, der sie ernähren konnte.

Für alle Töchter bestand die Mitgift meiner Großeltern darin, dass Opa Fenster und Türen fertigte für ihre Häuser.

1970 wurde ich geboren. So früh war das nicht geplant, aber manchmal scheint es ganz gut zu sein, dass das Leben nicht nach unseren Plänen fragt und einfach macht, was es will.
Meine Eltern und ich lebten also die ersten 3 Jahre unter dem Dach meiner Großeltern und während Mutti und Papa arbeiteten, wuchs ich bei Oma und Opa auf in Waschküche, Schrebergarten und Tischlerwerkstatt.
Oma und Opa haben allen Enkelkindern den Führerschein zum 18. Geburtstag geschenkt und uns damit in einer ländlichen Region die unverzichtbare Portion Mobilität verliehen. Ich weiß bis heute nicht, wie sie sich das Geld zusammengespart haben. Als ich dann als erste den Führerschein hatte, bin ich mit Mutti zusammen zu meinen Großeltern gefahren, um ihnen die rosa Pappe zu zeigen.

Als wir auf den Hof fuhren, war mein Opa gerade draußen im Garten. Ich sehe es auch nach 23 Jahren noch wie im Film vor mir, wie Opa aufgeregt winkend und rückwärtslaufend den Einweiser auf der Auffahrt machte - und dabei rückwärts in Omas gepflegte Rabatten purzelte. Mutti und ich schmunzeln heute noch darüber.

Insgesamt sind wir 8 Enkelkinder geworden und haben mittlerweile 12 Urenkel zustande gebracht, Nummer 13 soll in 3 Wochen schlüpfen. Und so, wie in der Generation meiner Mutter irgendwie nur Mädchen kamen, haben wir jetzt nur 2 Mädchen und demnächst 11 Jungen in der Urenkelgeneration.

Ich wohne in einem der Häuser, für die Opa die Haustür gefertigt hat. Den Zaun hat er mir noch selbst aufgestellt, genauso wie die Verkleidung des Schuppens. Da war er schon 86 Jahre alt und immer noch rüstig und geistig beweglich. Und freute sich wie ein Schneekönig, dass seine Enkelin ins Nachbarhaus gezogen war. Ich sollte ein Auge auf die beiden haben, wenn sie einst gebrechlich werden sollten.

Wir haben in dem Jahr mit unseren Großeltern goldene Hochzeit gefeiert und zwar abends mit Gottesdienst und anschließend Musik und Tanz bis in den frühen Morgen, und Opa und Oma haben beide noch fröhlich mitgerockt und alle Gäste betanzt.

Kurz vor seinem 89. Geburtstag starb er an Herzversagen. Gottseidank ist ihm langes Siechtum und geistiger Verfall erspart geblieben.

Aber ich schäme mich heute noch dafür, damals nicht erkannt zu haben, dass seine Zeit gekommen war, zu gehen. Ich ließ ihn ins Krankenhaus bringen in der Hoffnung, dass man ihm dort nochmal helfen könnte und auch aus Angst um Oma, die total überfordert war mit der Situation. Ich konnte nicht loslassen und habe ihn allein gelassen und das tut mir heute noch bitter Leid. Das ist jetzt 11 Jahre her.

2003 starb meine Oma. Stand morgens auf, fühlte sich schlecht, rief meine Tante an und legte sich dann wieder ins Bett und starb. Herzversagen. Tags zuvor hatte meine Mutter ihr noch die Haare schön frisiert, eine Woche vorher hatte Oma gerade ihre neuen Wohnzimmergardinen aufgehängt und ihr Wohnzimmer renovieren lassen. Als wir ratlos in Omas Stube saßen, lag auf ihrem Tisch der Prospekt für die geplante Busreise im Sommer. Und vor Opas Sessel stand wie immer sein Foto auf dem Tisch, in der Vase davor eine der ersten Blüten aus dem Garten, die sie erst am Vortag geschnitten hatte.

Der Hausarzt sagte hinterher, Oma hätte schon länger ein schwaches Herz gehabt, aber sie hat uns nie davon erzählt. Sie hatte wohl gefürchtet, wir hätten sie dann in Watte gepackt und ihr Schonung verordnet und ihre Unternehmungslust gedämpft. Und das hätte Oma nicht ertragen.

Oma konnte nämlich so lauthals aus dem Herzen heraus lachen, dass man sie dann sogar in einem vollen Festsaal heraushören konnte. Oma konnte einen Fremden binnen Minuten so an ihrem Tisch integrieren, dass er sich wie ein alter langvermisster Freund fühlte. Aber wehe, jemand benahm sich nicht so, wie Oma es erwartete. Dann musste er damit rechnen, dass Oma ihm geradeheraus die Meinung sagte. Man wusste immer, woran man bei ihr war. Und er Hilfe brauchte, dem half sie tatkräftig.
 Diese beiden Menschen mit einem Herzen, so groß, stark, liebevoll und gut, starben an schwachem Herzen. Ironie des Schicksals.
Oder auch nicht. Denn das, was sie am meisten fürchteten, blieb ihnen erspart: Sie gingen den kurzen und leichten Weg hinüber und erlitten kein langes Siechtum oder geistigen Verfall. Und das, denke ich, ist dann auch wieder eine Gnade. Omas und Opas Weg war für sie leicht, nur für die Hinterbliebenen ist er der schwere Weg.

Wir haben Opa und Oma in ihren Kleidern beigesetzt, die sie immer zu den großen Familienfesten getragen haben. Opa in seinem guten Anzug mit Weste und Oma in ihrem knallroten Ausgehzweiteiler, den sie auch zum Empfang bei der goldenen Hochzeit getragen hatte.

Mama hat gesagt, sie und ihre Schwestern hätten dem Bestatter damals extra dies Ensemble mitgegeben, damit Opa sie gleich erkennt, wenn sie oben ankommt.

Ich wette, er stand schon an der großen Pforte und grinste sie an, so wie er es immer zu tun pflegte, wenn er stolz und glücklich war.

Es tut mir Leid, dass ich ihnen nicht immer die pflegeleichte Enkelin war, die sie sich erhofft hatten. Dass ich mich oft missraten gefühlt habe und selbst von mir enttäuscht war. Aber ich bin jetzt selbst Mutter und hoffentlich eines Tages auch Großmutter und habe gelernt, dass man keine Kinder kriegt, damit diese einen glücklich machen sollen. Kinder müssen sich selbst sein dürfen und ihre Fehler machen, und können trotzdem unser Glück sein. Irgendwie weiß ich, Oma und Opa haben das längst gewusst und mir nur nie gesagt, dass sie mir alles verziehen haben.

Alles Liebe zum Hochzeitstag von Eurer ältesten Enkelin!
Ich vermisse Euch, aber ich weiß tief innendrin, dass wir uns niemals verlieren werden.

Postpanamamaxi

Disclaimer

Ich erkläre hiermit, dass ich mich ausdrücklich von allen Inhalten der von mir verlinkten Seiten in meinem Blog distanziere und mir deren Inhalt nicht zu Eigen mache.
Alle Bilder und Texte dieses Blogs sind mein persönliches und geistiges Eigentum und dürfen nicht kopiert oder veröffentlicht werden.
Sie unterliegen dem Copyright und dürfen nicht ohne meine Erlaubnis in irgendeiner Form weiterverwendet werden.