Donnerstag, 29. September 2011

Formentest reloaded

Heute nur ein kurzer Zwischenbericht:
Der Formentest geht weiter, diemal mit einer riesigen Seifencharge (jetzt weiß ich auch endlich, wozu ich mir eine 10-Liter-Edelstahlschüssel gekauft habe) und richtig dünnem Seifenleim. 7300g Seifenleim sind in die überbreite Blockform gewandert und weil dann ein Rest übrig geblieben ist, habe ich noch ein bisschen im Divi herummarmoriert.
Ich wollte es wissen, ob die dann auch noch dichthalten, wenn die Konsistenz des Seifenleims richtig flüssig ist.

Ergebnis: Dicht. Minimaler Austritt an einer Stelle, klein wie eine Perle. Kann man getrost vernachlässigen.

Und weil es so schön war, habe ich gleich noch eine Lavendelseife in der Taiwan-Swirl-Technik gesiedet.

Das alles steht jetzt oben in der Seifenküche und gelt hoffentlich brav vor sich hin. Das Chaos räume ich morgen auf, dann hat sich der Seifenleim in frische Seife verwandelt und das ist beim Abwasch definitiv angenehmer.

Ich habe heute 10600g Seifenleim verarbeitet.

Fotos gibts später!

Viele Grüße,
Postpanamamaxi

Mittwoch, 28. September 2011

Formentest II

So, hier gehts weiter.

Die überbreite Blockform misst 50cm Außenlänge.
Nutzbar davon sind 43cm Innenlänge. Die Form ist satte 10cm tief und 17cm breit.
Man kann daher wahlweise 3 Blöcke mit 5cm Breite sieden oder 2 Blöcke mit rund 8,3cm Breite.

Volumen der Form: 7,310 Liter - das macht rund 6500g Seifenleim!

Hier noch ein paar Fotos von dem guten Stück (den dazugehörigen Deckel habe ich mal weggelassen):

Hier kann man sehen, wie stabil die Form gefertigt ist.


Bei obigem Bild kann man erkennen, dass die Seitenteile auf beiden Seiten unterschiedliche Führungsnuten aufweisen: Je nachdem, ob man nun zwei oder nur einen Trennsteg einsetzen will, dreht man die Seitenteile einfach entsprechend herum.
Der Boden der Form ist ebenso gearbeitet.
Die Schrift auf dem Boden der Form stammt vom Gefrierbeutel, mit dem ich die Grundplatte ausgelegt habe zwecks leichteren Ausformens.



Und hier mit Premierenseife, beduftet mit Olive Lush vom schnellen Shop und gestempelt mit dem traumhaften Taiwanstempel, den Evangeline mir zur Hochzeit geschenkt hat. Danke!

Und wenn ich ein bisschen besser gerechnet hätte, dann hätte ich auch mehr Seifenleim angerührt. 4-5 Liter Seifenleim sind bei mir noch durchaus im Rahmen, aber mit über 7 Litern Fassungsvermögen hatte ich dann doch nicht kalkuliert.


Und weil es gerade so schön ist, machen wir doch gleich mal mit der nächsten Neuheit von Salina weiter.

Gehört Ihr auch zu den Siedern, die trotz allerschönster Seifenformen im Bestand gelegentlich ganz gern auf den schnöden Saftkarton oder die Milchtüte zurückgreifen, weil man darin so herrliche Trichterseifen anfertigen kann?

Die Trichtertechnik ist eine meiner Lieblingstechniken und gehört auch zum Standardprogramm in meinen Seifenkursen.
Leider akzeptieren die Ämter solche improvisierten Formen für gewerbliche Nutzung nicht, also musste eine Lösung aus lebensmittelechtem und laugenresistentem Kunststoff geschaffen werden.

Und hier ist sie:

Dreiviertelvorderansicht

Ein schöner Rücken kann auch entzücken!

Ein tiefer Einblick von oben!

Feierliche Inbetriebnahme
Technische Daten von Salinas Double-Soap-Towerform:
6cm x 6cm x 30cm Höhe (alles Innenmaße)
Fassungsvermögen 2,160 Liter Seifenleim - rund 1,9kg!

Natürlich gehört auch hier ein Deckel dazu.

Meine Erfahrungswerte mit der Form:

Der Zusammenbau der Form ist wegen der vielen Schrauben (11 Stück!) etwas zeitintensiv, dafür ist diese Form gerade wegen der vielen Befestigungspunkte auch besonders dicht.
Selbst dünner Seifenleim ist bei mir brav in der Form geblieben. Ich finde, dafür lohnt sich das Geschraube!

Sämtliche Teile der Form sind wie gewohnt aus hochwertigem Kunststoff und spülmaschinengeeignet. Sie passen auch problemlos ins Waschbecken, die Spülmaschine und auch in den Backofen oder Gefrierschrank.

Ich wünsche mir für diese Form eigentlich nur noch ein kleines praktisches Extrateil:
Einen Deckel, den ich mittels eingefräster Nuten wackelsicher auf der Form aufstecken kann. Dieser sollte jeweils mittig ein kegelförmiges Loch aufweisen, in das der Trichter für die Trichtertechnik fest eingesteckt werden kann.
Nebenbei könnte dieser verbesserte Deckel auch noch dazu dienen, die Platten beim Zusammenbau der Form genau auszurichten.
Ich bin sicher, Salina wird diese Idee schon bald ausprobieren und umsetzen.

Fazit:
Ich bin begeistert von dieser Form, die ich in dieser Bauweise und vor allem Stabilität noch nirgendwo anders gesehen habe.
Endlich kann auch der Profisieder wieder in eine senkrechte Form trichtern, ohne irgendwelche Schwierigkeiten mit dem Amt zu riskieren, was die Hygienevorschriften für Formen betrifft.

Auch für den Hobbysieder ist diese Form eine sehr nette Zusatzanschaffung, weil sie gegenüber dem Milchkarton noch einen großen Vorteil aufweist: Es gibt bei dieser Form keine ausgebeulten Seiten, wie man sie vom Milchkarton kennt.
Wer also gern perfekte Kanten und eine top Hygiene bei seinen Seifen hat, ist mit dieser Form gut beraten (Weihnachten kommt ja immer so überraschend - wäre das nicht ein schönes Geschenk für Euren Wunschzettel?).

Zu den Preisen kann ich leider noch nichts sagen, wendet Euch dazu bitte an Salinas Soapspace.
Ihr Betriebsurlaub endet am 30.9. und dann ist sie wieder gern für Eure Fragen da.

Und  als nächstes gehts hier weiter mit dem Test der Taiwan-Swirl-Form.

Bis bald!
Postpanamamaxi

PS:
Der Mensch lebt nicht nur von Seife allein, darum hier noch ein schnelles Foto von meiner heutigen Einmacherei:

Klassisches Apfelmus
Gekocht wurde dieses Mus aus Äpfeln der Sorte "Holsteiner Cox", die an einem Baum wuchsen, den mein Großvater einst gepflanzt hat. Der jetzige Besitzer des Gartens hat sie mir geschenkt.

Jedes Jahr war es ein Feiertag für mich, wenn ich den ganzen Tag mit meinem geliebten Opa die Apfelernte eingebracht habe. Mittags gab es mein Lieblingsessen "Sauerkraut mit Kartoffelpüree und Eisbein", gekocht von meiner Lieblingsoma.
Den nächsten Tag hat mein Opa dann sämtliche Äpfel sortiert, auf Druckstellen und Wurmbefall kontrolliert und wintersicher eingelagert. Das reichte dann bis ins späte Frühjahr.

Alle aussortierten Äpfel wanderten dann entweder in Omas Kochtöpfe, um zu Apfelmus, Apfelrotkohl oder Apfelkuchen zu werden, der große Rest wurde dann in der Lohnmosterei entsaftet und sicherte den Jahresbedarf an Apfelsaft.

Und falls Ihr Euch wundern solltet: Die Äpfel auf dem Foto sind natürlich keine Holsteiner Cox, sondern Jonagored aus meinem eigenen Garten. Auch lecker, aber kein Vergleich zu Opas Äpfeln.

Dienstag, 27. September 2011

Formentest

Hallo!
Schon vor knapp 6 Wochen erreichte mich ein riesiges Paket mit einer Auswahl an Seifenformen von Soapspace.
Sabine, den Leuten im NSF besser bekannt als Salina, hat mir freundlicherweise erlaubt, ein paar Neuentwicklungen aus ihrer Werkstatt zu testen und über meine Erfahrungen zu berichten.

Und nein, ich stehe nicht auf ihrer Lohnliste.
Meine Belohnung ist die Möglichkeit, die Formen vorab ausgiebig zu testen und Euch ein paar tolle Neuerungen vorzustellen.

Bislang hatte ich von ihr nur den 18er Dividor, mit dem ich sehr zufrieden bin.
Weil nun ab demnächst andere Anforderungen an meine Blockformen gestellt werden, sollten die bisherigen Holzformen durch welche im Profistandard ersetzt werden.
Aber die Qual der Wahl ist groß, und welches Format ist denn nun das richtige für meinen persönlichen Bedarf? Und so trudelte dann eine Auswahlsendung in meinem Haus ein, die ich netterweise komplett durchprobieren durfte.






Neugierig geworden?
Dies ist eine 50cm lange Blockform in Überbreite, die man wahlweise mit 1 Trennsteg in eine Doppelblockform oder mit 2 Trennstegen in eine Dreifachblockform unterteilen kann.

Somit kann man entweder zwei Seifenblöcke im Querformat sieden oder aber drei Seifenblöcke im aktuell so beliebten Hochformat.

Mein Testergebnis:
Ich bin begeistert von dieser Idee. Man kann zwei völlig unterschiedliche Formate sieden in ein und derselben Form.
Wenn man das Hochformat wählt, ist es eine sehr große Seifencharge, die man darin in einem Siedevorgang unterbringen kann. Ich habe selbst gestaunt, was da hineingeht.
 Die Form ist aus sehr stabilen Platten gefertigt und hält zuverlässig dicht auch bei dünnem Seifenleim. Damit die Blöcke schön gerade werden, sind die Seitenteile und der Boden jeweils mit 1 bzw. 2 Führungsnuten versehen. Alle Teile sind passgenau und ordentlich verarbeitet.

Zwei kleine Nachteile - aus meiner persönlichen Sicht - hat diese Form:
Sie ist durch das große Volumen in befülltem Zustand etwas schwer.
Und sie passt mit der 50er Länge nicht in mein Gefrierfach, aber immerhin in meinen Geschirrspüler. Da ich Blockformen aber in den seltensten Fällen ins Gefrierfach packe, ist das nicht wirklich tragisch.

Ansonsten macht das Arbeiten mit dieser Form sehr viel Freude, weil man einfach soviele Möglichkeiten hat, sie einzusetzen.
Übrigens kann man auch diverse Dividortechniken in dieser überbreiten Form ausprobieren, weil man einfach mehr Platz hat. Mit dem Trennsteg in der Mitte bekommt man so zwei sehr lange Seifenplatten, die man dann eben von Hand stückweise abschneiden kann.

Und weil man nicht immer gleich so eine große Proficharge sieden will, hat Salina noch eine tolle Idee umgesetzt: Es gibt jetzt die Möglichkeit, einen Wechselboden in normaler Breite einzusetzen. Womit diese Form dann noch eine weitere Variante beim Seifensieden bietet.

Fazit:
Dies ist eine Form, über die man durchaus nachdenken sollte, wenn man ohnehin häufiger große Chargen siedet, dabei aber nicht den Platz und das Geld hat, um mehrere Formen anzuschaffen.

Viele Grüße,
Postpanamamaxi


PS:
Und bald schon geht es weiter mit der nächsten Form, die ich Euch vorstellen darf. Wir dürfen eine weitere Premiere erleben! *Trommelwirbel*

Sonntag, 25. September 2011

Altweibersommer

Jetzt ist er da, der Herbst.
Auch wenn momentan ein wunderbarer Altweibersommer unsere Gemüter erfreut, spürt man morgens und abends doch schon deutlich, dass der Sommer vorbei ist.

Die Natur brennt noch einmal ihr großes Feuerwerk ab, erfreut uns mit buntem Laub, süßen Früchten, knackigem Gemüse und mit einem blauen Himmel, den es in dieser Art nur im September gibt.


Ich mag Sonnenblumen, sie machen gute Laune und ich finde es sympathisch, dass sie ihre Blütenstände dem Lauf der Sonne folgen lassen. Die Franzosen nennen sie Tournesol, die Italiener Girasol, "die sich nach der Sonne dreht/dem Lauf der Sonne folgt". Was für schöne Namen für eine Pflanze wie diese.

Die reifen, ausgeblühten Blütenstände schneide ich im Herbst ab und lege sie im Winter ins Vogelhaus und auf die Schaukel, damit die Wildvögel etwas Gutes zu Picken haben.


Wir befinden uns in der Zwetschgenzeit. Und wenn diese erstmal so richtig anläuft, dann weiß man gar nicht, wohin man mit dem Segen soll.
Mein Vater durfte bei Nachbarn Zwetschgen sammeln und brachte mit zwei große Eimer voller süßer, vollreifer Früchte, die sich wunderbar vom Kern lösten.

Weil ich dank ausgiebiger Einmach-Aktivitäten in diesem Sommer mittlerweile knapp an Gläsern werde, habe ich beschlossen, die Zwetschgen zu Zwetschgenmus zu verarbeiten. Das geht ganz einfach, man braucht dafür nur Geduld und einen großen flachen Topf.

5kg geputzte Zwetschgen, 500g brauner Rohrzucker, 2 Zimtstangen - und dann heißt es Rühren, Rühren, Rühren! Ankochen auf mittlerer Hitze, bis die Zwetschgen komplett zerfallen und der austretende Saft verkocht ist. Das dauert ca. 1-1,5 Stunden. Nun wird der Herd auf niedrigste Stufe gestellt und das Fruchtmus stundenlang eingekocht, bis das Zwetschgenmus dunkelbraun geworden ist.
Dabei darf man nie vergessen, regelmäßig und gründlich umzurühren, damit nichts anbrennt.

Viele empfehlen auch die Backofenmethode zur Wasserreduktion, aber wer seine Küche liebt, der sollte bei empfindlichen Umschränken genau überlegen, ob die bequemste Methode auch die beste ist. Denn zur Wasserreduktion muss der Ofen stundenlang bei milder Hitze und mit leicht geöffneter Tür betrieben werden. Dies kann die Schrankoberflächen schädigen.


So sieht das Zwetschgenmus nach 3 Stunden aus: Der Flüssigkeitsgehalt ist deutlich reduziert, das Fruchtfleisch zerfällt und das Mus ist schon erkennbar dunkler als zu Beginn. Der Topf war immerhin randvoll mit frischen Früchten!
Aber es fehlen immer noch 2 Stunden beharrlichen Köchelns und Rührens, bis das Zwetschgenmus soweit ist, in sterilisierte Gläser gefüllt zu werden.

In der Zwischenzeit kann man die Zwetschgenkerne weiterverarbeiten. Daraus wird nämlich ein leckerer Likör gemacht. Da von unserer Hochzeitsfeier soviel klarer Korn übrig geblieben ist, verwende ich ihn jetzt als Grundlage.
Man füllt eine Kornflasche zu rund 1/3 mit sauberen Zwetschgenkernen, dann kommt nochmal knapp 1/3 brauner Kandiszucker obendrauf und die Flasche wird mit Korn aufgefüllt.
Nun muss dieser Ansatz rund 3 Monate ziehen, bevor er abgefiltert und in frische Flaschen gefüllt wird. Der Geschmack erinnert ein bisschen an Amaretto und ist ein sehr schönes selbstgemachtes Weihnachtsgeschenk.

Weil man nicht nur vom Zwetschgenmus allein leben kann, habe ich auch noch Zwetschgen in Rotwein und in Rum eingemacht. Bei Aldi gab es so hübsche kleine Einmachgläser mit Bügelverschluss und die machen aus diesen Köstlichkeiten bezaubernde Mitbringsel für liebe Mitmenschen.


Und wo wir gerade Richtung Weihnachten denken, fallen mir die ersten Orangen und Mandarinen ein, die bald wieder zu kaufen sind. Und darauf freue ich mich schon sehr. Es gibt nur weniges, was so verheißungsvoll nach Winterfreuden duftet wie die allerersten Mandarinen.

Noch ist es aber nicht ganz soweit. Dafür gab es neulich beim Einkauf wunderschöne Kumquats. Kumquats sind diese "Miniorangen", ca. 1,5cm dick und 2cm lang, und werden komplett mit Schale gegessen. Sie haben neben einem sehr intensiven Orangengeschmack auch eine leicht bittere, aber sehr angenehme Note.

Also habe ich mir 222g Kumquats gekauft, gewaschen, in dünne Scheiben geschnitten und die Stengelansätze entfernt. Dazu kam 1 Liter Orangensaft aus Fair Trade Produktion, ein Stück Sternanis, etwas gemahlener Zimt, der Saft einer Zitrone und rund 750g 2:1 Gelierzucker (wenn man aus Saft Gelee machen will, funktioniert die Rechenformel 2 zu 1 nicht mehr - das Verhältnis geht eher Richtung 2 zu 1,25).

Diese Mischung wird unter Rühren erhitzt und muss dann für 4 Minuten sprudelnd kochen. Gelierprobe, anschließend wird in sterilisierte Gläser abgefüllt. Ich nehme zum Sterilisieren bei Kleinmengen gern den Mikrowellensterilisator von den Babyflaschen, bei größeren Mengen verwende ich den Backofen hierzu. Die Deckel der Gläser koche ich ab (in der Mikrowelle würden sie funken, im Backofen könnte sich bei etwas zuviel Hitze die Farbe der Deckel verändern).

Diese Mischung erinnert mich ein wenig an die englischen Zitrusmarmeladen. Zu frischgebackenen Scones schmeckt diese Marmelade bestimmt richtig lecker!


Dies ist die Haselnussernte 2011 aus unserem Garten. Für uns war es kein gutes Nussjahr, 0,5kg sehen nicht allzu beeindruckend aus im Vergleich zu 8kg aus 2010. Aber es wird reichen, um das Nusslikörrezept meiner Nachbarin auszuprobieren und ihr die Hälfte der Ernte zu schenken, damit auch sie wieder Likör ansetzen kann.

Ich stelle fest, dass ich noch nie soviele leckere Rezepte und Eigenkreationen ins Glas gebracht habe wie in diesem Jahr. Das Erntedankwichteln aus dem NSF, bei dem ich mitmache, hat mich ungemein inspiriert und motiviert.

Ich bin mal gespannt, was mein Wichtelkind zu den Garten- und Küchenschätzen sagen wird, wenn sie ihr Paket auspackt...und ich bin auch neugierig, was in meinen Päckchen enthalten ist, die ich von meiner Wichtelmama erhalten habe. Und ganz besonders neugierig bin ich auf das Päckchen, das mir die liebe P. geschickt hat. Es gluckert ganz leise, wenn man es vorsichtig bewegt! Ich schick schon mal ein Dankeschön rüber an beide Absenderinnen.

Alles Liebe,
Postpanamamaxi

Dienstag, 20. September 2011

Glasperlen in Haithabu

Hej!
Wie versprochen möchte ich Euch heute noch ein wenig durch das frühmittelalterliche Haithabu führen und ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern.
Ich muss voranstellen, dass ich kein Gelehrter bin und auch kein offizieller Mitarbeiter des Museums, sondern einfach nur ein neugieriger erzählbegeisterter Reenactmentfan. Auf Authentizität oder sonstige Unfehlbarkeit erhebe ich also keinen Anspruch.
Und was ich hier dazugelernt habe, das möchte ich gern mit Euch teilen, wenn Ihr mögt.

Heute gehts zum Glasperlenmacher. Nordic Shopping!

Fast so schmuckbehängt wie Mister T!
Grundsätzlich war es bei den Wikingern so, dass man nicht viel von vornehmem Understatement hielt.

Wer was hatte und erfolgreich in seinem Geschäft war (welcher Art dies auch gewesen sein mag, ob nun als Händler, Krieger oder als Großbauer oder Handwerker), zeigte dies auch gern und deutlich durch das Tragen von Schmuck, kostbaren Waffen und edlen, aufwändig verarbeiteten Stoffen.

Eine Frau mit einem Schmuckbehang wie auf dem obigen Bild wird schon sehr wohlhabend gewesen sein (bzw. einen sehr erfolgreichen Gatten gehabt haben), denn je nach Art der Glasperlen wurden bis zu 25 Hühner für eine einzige Glasperle gezahlt!

Vermutlich aus diesem Grund sind die allermeisten Wikingerglasperlenketten auch nicht symmetrisch paarweise aufgefädelt, sondern stellen eher ein buntes Sammelsurium dar. Man nahm, was man kriegen konnte, und fädelte es auf: Glas, Bernstein, Halbedelsteine wie Karneol oder Bergkristall, Silber, Bronze oder gar Gold.






Auf diesem Bild kann man wunderbar diese alten Glasperlen aus Haithabu betrachten. Es handelt sich hierbei um Originalfunde, die man bei den Grabungen in Haithabu gefunden hat.
Viele der Techniken, die man auch heute noch am modernen Gasbrenner anwendet, sind schon damals bekannt gewesen. Allerdings war die Herstellung ungleich schwerer und anstrengender, weil das Glas mittels Holzkohle geschmolzen wurde.


Ist diese Perle nicht traumhaft schön? Es wundert mich nicht, wenn ein ganzes Hühnervolk dafür den Besitzer gewechselt hat.

Die Fotos stammen übrigens aus der alten Ausstellung im Wikingermuseum in Haithabu, die seit 2010 durch die neue und schwerpunktmäßig anders aufgebaute neue Ausstellung abgelöst wurde.
Wer die Möglichkeit hat, sollte sich unbedingt noch das Buch zur früheren Ausstellung besorgen: Schaufenster einer frühen Stadt, Hildegard Elsner, Wachholtz Verlag

Die neue Ausstellung ist anders konzipiert, wesentlich moderner, farbiger, multimedialer und mit einer anderen thematischen Schwerpunktsetzung - und auf ihre Art genauso sehenswert.

Und das neue Begleitbuch zur Ausstellung ist ebenso ein Musthave: Haithabu - Fernhandelszentrum zwischen den Welten, Birgit Maixner

Meine beiden Haithabubücher stehen gleichberechtigt nebeneinander im Bücherschrank und sind mir ganz besondere Wissensschätze geworden.


Und so mag* der Arbeitsplatz eines Glasperlenmachers in Haithabu ausgesehen haben: Zwei Blasebalge, die für einen gleichmäßigen Luftstrom sorgen, um den kleinen Ofen mit Holzkohlebefeuerung anzufachen.
In der Holzschale im Vordergrund sind die Glasstückchen zu sehen, aus denen die Perlen geformt werden.

*Das übliche Problem mit der Fundlage - vieles konnte nicht gefunden werden, weil es im Lauf der Zeit vergangen ist. In diesem Fall kann die experimentelle Archäologie helfen, Wissenslücken zu schließen oder die richtige Interpretation eines fragmentarischen Fundstücks zu erarbeiten.





Jetzt geht es los. Früher hätte man den Sklaven oder eines der im Haushalt lebenden Kinder rangepfiffen. Bei uns ist kurzerhand ein Gruppenmitglied als Helfer eingesprungen, um die Blasebalge nach Anweisung des Meisters zu bedienen.
Dieser wiederum hat auf der Seite des Ofens Platz genommen und erstmal eine Handvoll Holzkohle eingefüllt, damit die notwendige Hitze erzeugt werden kann. Jetzt wird das Feuer mit den Blasebalgen angefacht.
Mit der Zange wird das Glasstückchen in die Glut gehalten, bis es anfängt zu schmelzen. Jetzt wird es an einen ebenfalls erhitzten Metallstab geklebt. Man beachte, wie das schmelzende Glas sich von transparentem Orangerot zu einem dunklen Schwarzbraun verfärbt, je heißer es wird.



Mit diesem Metallstab wird jetzt das geschmolzene Glas um einen Stab gewickelt, der vorher in ein Trennmittel getaucht und am Rande der Glut getrocknet wurde. Wäre dieses Trennmittel nicht aufgebracht, würde das Glas am Wickelstab festkleben und die fertige Perle würde sich nicht lösen lassen.




Jetzt muss die Perle ganz langsam abkühlen. Dazu darf man sie nicht sofort aus der Gluthitze entfernen. Erstmal wird die Hitze gemildert, indem man den Blasebalg nicht mehr betätigt.
Anschließend darf die Perle neben dem Ofen, aber nicht mehr in der direkten Hitze, weiter abkühlen. Kühlt die Perle zu schnell ab, ist sie sehr empfindlich und geht leicht kaputt. Geduld ist also ganz wichtig für den Glasperlenmacher.
Dabei tippt der Glasperlenmacher den Wickelstab ein paarmal vorsichtig auf den Arbeitstisch auf, um die Perle zu lockern.

Manchmal geht die Perle bei dieser Aktion kaputt. Dann muss alles nochmal wieder eingeschmolzen werden, um nochmal von vorn mit dem Perlenformen zu beginnen.

Aber wenn man alles richtig gemacht hat und neben der Erfahrung und Geschicklichkeit auch noch das nötige Quentchen Glück hat, dann hat man am Ende eine wunderschöne Glasperle, die dann vielleicht eines Tages am Brustschmuck einer Wikingerfrau glänzen wird - oder an der Kette eines stolzen Kriegers.

Diese Glasperle aus der Fotoserie hängt nun übrigens an der Sammelkette meines Vierjährigen, zusammen mit dem selbstgeschmiedeten Anhänger aus Ribe und der silbernen Brakteate vom dänischen Silberschmied. Was andere als Bettelarmband tragen, ist bei meinen Miniwikingern die Sammelkette, wo ein Souvenir von fast jedem Ausflug, den wir gemeinsam unternehmen, angehängt wird.


Während der Sommermonate ist der Glasperlenmacher häufig bei den Wikingerhäusern in Haithabu anzutreffen und lässt sich gern bei der Arbeit über die Schulter schauen. Und wer weiß, vielleicht wird man sogar kurzerhand als Blasebalgsklavefreiwilliger dienstverpflichtet und ist ganz nah dabei.

Natürlich kann man dort auch Glasperlen erwerben. Diese schönen Teilchen glänzen nicht nur an einer frühmittelalterlichen Gewandung, sondern machen auch als Teil eines modernen Kleidungsstils einen sehr guten Eindruck.

Ich danke Sven für diesen kleinen Einblick in sein Handwerk und dem Wikinger Museum Haithabu, und ich hoffe, ein paar von Euch dermaßen neugierig gemacht zu haben, dass Ihr bald mal vorbeischaut. Bedenkt dabei bitte, dass die Ausstellung ganzjährig geöffnet ist, die Wikingerhäuser aber im Winterhalbjahr geschlossen sind.

Schon mal vormerken für alle, die wikingisches Handwerk und Handel live erleben möchten:
Herbstmesse am 5. und 6. November 2011, dieses Jahr wieder im Museum und nicht in den Häusern!
Nordic Shopping bis zum Abwinken (oder bis das Hacksilber ausgeht).

Tolle zeitnahe Infos zu Haithabu findet Ihr auch hier (und da schreibt dann auch ein Experte und kein Hobbywikinger wie ich es bin):
www.haithabu-tagebuch.de

Viel Spaß!

Montag, 12. September 2011

Junggesellinnenabschied in Schleswig

Casio Ex-FH100, freihand, Nachtmodus m. Portraitfunktion (= Blitz)
 Seht mal genau hin, es sind sogar Sterne zu sehen auf dem Foto!
dieselbe Kamera, freihändig im Nachtmodus ohne Blitz
Zur Einstimmung zeige ich Euch heute zwei Fotos von unserem Ausflug nach Schleswig. Ich bin ganz begeistert, was diese kleine kompakte Kamera zu leisten imstande ist. Und ich genieße es, mir die technischen Möglichkeiten nach und nach zu erarbeiten.

Jetzt aber zum Anlass meines Ausflugs:
Meine Freundin und Kollegin heiratet am 17.9. und so sind wir gestern zu viert losgezogen, um gemeinsam einen netten Abend zu verbringen.

Es begann gemütlich mit einem sehr schmackhaften Essen im Riva.
Die Bedienung war aufmerksam, flott und sehr freundlich und das Essen schmeckte sehr gut. Eigentlich bin ich nicht der Typ für Balkanrestaurants, weil ich beim Fleisch etwas picky bin, aber dieses hier hat mich positiv überrascht. Auch das Umbestellen war kein Problem, man hat mir die Speckscheibe ohne Aufpreis gegen gleich zwei (!) köstliche Cevapcicis getauscht. Wir haben dann spontan beschlossen, das nächste Mal die Männer mitzunehmen, weil denen so ein nettes Restaurant mit toller Aussicht, nettem Service und gutem Essen auch gut gefallen hätte.

Es war ein herrlicher Abend, der fast volle Mond hing über der spiegelglatten Wasserfläche der Schlei und am Ufer spiegelten sich die Lichter der Uferpromenade. In der lauen Luft haben wir ein paar schöne Erinnerungsfotos gemacht.

Anschließend wollten wir ein paar Cocktails trinken. Also sind wir ein Stückchen weiter Richtung Innenstadt gefahren.
Dort ist ein Lokal, dessen Namen höllische Assoziationen erweckt. Eigentlich heißt er, wörtlich aus dem Lateinischen übersetzt, "der Lichtbringer", aber irgendwie war der Besuch dieser Lokalität dann doch eher höllisch.

Meine Freundin hatte uns schon vorgewarnt, dass der Service in diesem Lokal nicht der allerschnellste ist. Wir wappneten uns also mit Geduld.

Aber wir wappneten uns nicht mit dermaßen viel Masochismus, um es dort auszuhalten.

Wie würdet Ihr reagieren, wenn Ihr nach 25 Minuten Wartezeit im halbleeren Lokal immer noch ohne Begrüßung durch den Service, ohne Karte und ohne Getränk dagesessen hättet?

Ich bin losgegangen und habe eine der geflissentlich an uns vorbeiignorierenden Servicekräfte darauf angesprochen, ob sie denn auch mal zu uns käme oder uns weiterhin ignorieren wolle.

Daraufhin bekamen wir die Karten ziemlich kurz angebunden in einem Stapel auf den Tisch gelegt. Keine ordentliche Begrüßung, keine Entschuldigung für die Wartezeit, kein Anzünden der Kerze auf dem Tisch. Auf das Anreichen der geöffneten Karten wurde auch verzichtet.
Nach 90 Sekunden war die Kellnerin dann wieder da, sichtlich verstockt und bockig, und fragte nach unseren Wünschen.

Klar, wenn man so lange auf die Karte wartet, muss man sich dann binnen einer Minute entscheiden, was man bestellen möchte. Aber zackig!

Ich habe dann vorgeschlagen, dass sie uns doch die Getränkekarte bringen möge, weil es wenig sinnvoll ist, um 22 Uhr ungefragt nur die Speisekarte auszuteilen.

Die Getränkekarte kam nicht.
Die Servicekraft kam auch nicht wieder.
Keine der anderen Service- oder Tresenkräfte hat reagiert, obwohl sie meine Reklamation mitbekommen haben müssen. Ob das normal ist, dass sich dort Gäste beschweren, und ob das Ignorieren und Aussitzen dann die übliche Reaktion des Servicepersonals dort ist?

Nach weiteren 10 Minuten sind wir dann aus dem Lokal gegangen.
Dieses unprofessionelle Serviceverhalten hat uns 45 Minuten dieses Abends gekostet.

Was denken diese Leute, wer sie sind, dass sie sich anmaßen, die Zeit ihrer Gäste dermaßen achtlos zu vergeuden?

Ich habe jetzt an die Geschäftsleitung geschrieben und um Stellungnahme gebeten.


Nach diesem unerfreulichen Erlebnis sind wir dann noch ins Fantasy nach Tarp gefahren, um dort den Auftritt der Tanzgruppe B O X zuzusehen. B O X haben übrigens eine richtig tolle Danceperformance abgeliefert.

Ich fürchte, wir haben den Altersdurchschnitt in dieser Lokalität deutlich nach oben gerissen. Mich hat man wahrscheinlich für eine Mutter gehalten, die ihre jugendlichen Kinder zur Disco gebracht hat. Oder ob man mich für jemanden wie Stiflers Mom gehalten hat? Das Mrs. Robinson-Thema wird bekanntlich nie wirklich alt und beflügelt immer noch die Sinne der Filmzuschauer...

Auf jeden Fall waren auch meine Mittzwanziger Freundinnen der Meinung, dem Discoalter entwachsen zu sein. Ich habe die Truppe den ganzen Abend damit genervt, dass ich zu jedem dritten Song erzählte, dass ich in meiner Jugend noch zur Originalversion getanzt hätte.

Meine Freundin - eine ganz sanftmütige - wurde dann von angetrunkenen minderjährigen Pubertierchen gefragt, ob sie 18 sei und ihnen ein paar alkoholische Drinks kaufen könne, um das Alkoholverbot zu umgehen. Sie hat den Jungs dann mit Dominalächeln angeboten, ihnen den Hintern zu versohlen für so ein dämliches Ersuchen.
Okay, sie hat es etwas kürzer und drastischer ausgedrückt. Die Jungs trollten sich dann.

Wir saßen dann wie Statler & Waldorf, die beiden alten sarkastischen Meckerpötte aus der Muppet Show, auf unseren Barhockern und kommentierten die Gestalten, die uns da beim Schaulauf begegneten.

Und was waren wir? Die drei mittelalten und ihre Mutti. Wahrscheinlich sind wir genauso taxiert worden wie wir die Jugendlichen taxiert haben.

Falls einer von ihnen hier mitliest: Früher - jetzt fängt sie wieder von früher und ihrer erzlangweiligen Jugend an - früher waren die Mädchen mal beschwipst auf einem Fest, aber dass ein Mädel oder eine junge Frau mal sturzbetrunken war, so dass sie erbrechen musste oder torkelnd mit stierem Blick herumlief, das war die absolute Ausnahme. Wir sind damals doch etwas besser kontrolliert gewesen als die heutige Jugend. Ich bin erschrocken, zu erleben, dass heute soviele junge Leute und vor allem auch Mädchen dermaßen exzessiv Alkohol konsumieren und dann besoffen herumtorkeln.
Ihr tut Euch damit nichts Gutes. Denkt mal drüber nach.

Viele Grüße,
Postpanamamaxi

Montag, 5. September 2011

Impressionen einer mittelalterlichen Stadt: Haithabu

Ausblick auf Haithabu
Wenn man den kilometerlangen hohen Ringwall, der einst die mittelalterliche skandinavische Stadt Haithabu umschlossen hat, durch das alte Nordertor durchschreitet, eröffnet sich vor einem der obige Ausblick. Wobei allerdings anzumerken ist, dass vor 1000 Jahren hier nicht nur eine Handvoll Wikingerhäuser standen, sondern eine respektable Stadt, die sich über 24 ha Fläche erstreckte! Was sich hier vor uns als beschauliche kleine Siedlung zeigt, war damals die dichtbevölkerte Handelsmetropole im südlichsten Bereich des skandinavischen Herrschaftsgebietes.

Und die unterschiedlichen Grabfunde aus Haithabu beweisen, dass diese Stadt durchaus ein Melting Pot wie das moderne New York gewesen sein muss. Man fand hier sowohl skandinavische, als auch sächsische oder slawische Bestattungsformen, sowohl heidnische als auch christliche Grablegungen.
Es gab eine große Zahl Gräber von ärmerer Bevölkerung, aber mit dem Kammergrab 5 fand man auch eines der an Edelmetallen reichsten Gräber in Skandinavien. Bemerkenswert ist auch das Bootskammergrab, das 1908 südwestlich des Ringwalls entdeckt wurde und sehr reiche Beigaben enthielt.

Von der einstmals so großen frühmittelalterlichen Stadt wurden 7 unterschiedliche Haustypen wieder aufgebaut, die die unterschiedlichen Bauformen wiedergeben. Unsere Gruppe residierte in diesem Jahr gleich mehrmals in Haus 7, der Herberge.
Und auf diesem Weg taucht man in die frühmittelalterliche Stadt ein. Rechts vom Weg, gleich als erstes Haus, liegt die Herberge.
Katerstieg
Die Wege innerhalb Haithabus waren teilweise bereits mit Bohlen befestigt, was bei dem feuchten nordischen Klima und dem starken Verkehrsaufkommen durch Fußgänger, Karren, Ochsengespanne und Pferde durchaus angebracht war.
Die meisten Häuser in Haithabu waren traufständig plaziert: Die Schmalseite stand zum Weg hin, hinter den Häusern ertreckten sich dann die Gärten.
Mir persönlich gefallen die lebenden Weidengeflechtzäune sehr gut. Sowas könnte ich mir auch als Teil meiner eigenen Gartengestaltung gut vorstellen.


Und hier geht es zum Hafen.
Einen der Bootsanlegestege hat man nachgebaut. Bei den Grabungen im ehemaligen Hafengebiet von Haithabu Ende der 1970er hat man allerhand interessante Dinge gefunden.
Neben sehr aufschlussreichen Textilfunden war u. a. auch eine Zungenfibel dabei (die einzige dieses Typs, die man bisher in Haithabu gefunden hat), Schwerter, Bronzebarren und Bronzepatrizen (Rohlinge für die Schmuckfertigung) und, man staune, eine für damalige Verhältnisse recht große Bronzeglocke.

Da wird sich so mancher Händler und Seemann fürchterlich geärgert haben, als diese wertvollen Dinge über Bord gingen.

Den Textilien weinte hingegen keiner eine Träne nach. Man fand sie als mit Teer und Sand verklebten Klumpen. Offenbar wurden abgelegte Textilien zum Abdichten der Bootsrümpfe verwendet.

Was damals als Abfall galt, ist den Textilhistorikern ein großer wertvoller Schatz geworden. Ich kann mir gut vorstellen, dass da so manche Freudenträne heimlich kullerte, als man herausfand, was diese Klumpen für dieses Forschungsgebiet bedeuteten.

Bewahrte doch die Kombination aus Teer, Sand und Wasser am dunklen Hafengrund die Textilien vor der Zersetzung. Außerdem ist es interessant, Textilfunde zu betrachten, die nicht mit einer Grablegung in Zusammenhang stehen.
Gräber allein sind nämlich nicht immer aussagekräftig für den Lebensalltag (Vor 100 Jahren wurden die Leute beispielsweise im Leichenhemd beigesetzt, wenn das in 1000 Jahren ausgegraben wird, könnten die Archäologen ohne weitere Referenzfunde auf die Idee kommen, unsere Vorfahren wären alltäglich so herumgelaufen!).

Bei den Textilfunden aus dem Hafen konnte man also darauf hoffen, dass man keine speziellen Beerdigungskleider entdeckt hatte, sondern Alltagskleidung, die durch ihre unterschiedlichen Abnutzungsspuren weitere Antworten zur damaligen Mode geben konnten.

Brunnenanlage in Haithabu
Und so sah es in einem typischen Hinterhof in Haithabu aus.
Neben dem eingelagerten Brennholz und dem Hauklotz gehörte auch der eigene Brunnen dazu.

Man fand unterschiedliche Brunnentypen und dieser hier auf dem Foto hat noch eine ganz besondere Randgeschichte zu erzählen. Dieser Brunnen wurde aus einem Transportfass gebaut, das in den Boden eingelassen wurde. An Orten, die wie Teile Haithabus recht tief und grundwassernah gelegen waren, reichte die Brunnentiefe aus, um Wasser daraus zu schöpfen.

Über die Wasserqualität, die man aus so einem Brunnen schöpfen kann, insbesondere wenn man bedenkt, dass man auch die Ausscheidungen der Menschen und Tiere zwischen und hinter den Häusern ablud, wollen wir mal nicht allzugründlich nachdenken. Hygiene ist bekanntlich eine Erfindung, die sich erst erschreckend spät durchsetzen konnte. Wie es damals in so einem dichtbevölkerten Ort gerochen haben mag, möchte ich mir lieber nicht vorstellen.
Aber was nun das Besondere an so einem nachgebauten Fassbrunnen ist?

Diese Fässer waren aus Weisstanne, einem Holz, das in Skandinavien nicht vorkommt. Das häufige Vorkommen dieser Holzfässer ist also der Beweis für die regen Fernhandelsbeziehungen Haithabus auch mit südlich gelegenen Gebieten. Recycling von Verpackungen ist also schon vor 1000 Jahren Standard gewesen. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die Wikinger mit diesem Fasstyp und Holztrögen durchaus schon über eine Art Normbehälter verfügten, die sich sowohl auf Karren als auch auf Schiffen praktisch unterbringen ließen.

Haithabu war Handelsplatz für das gesamte nördliche und mittlere Europa, England und Irland. Ein riesiges Einzugsgebiet, was angesichts der Verkehrsmittel und Wegeverhältnisse damaliger Zeit erstaunlich anmuten mag.

Selbst arabische Besucher, die wahrscheinlich auch Sklavenhandel betrieben, berichteten von ihren (für sie oft befremdlichen) Erlebnissen in Haithabu.


Im frühmittelalterlichen Haithabu wird es kaum so still und friedlich vorgegangen sein wie dieses Foto nach Schließung des Museums für Besucher glauben macht. Rinder und Hühnerschar gehören zu den ständigen Bewohnern der Wikingerhäuser und genießen es, wenn die Tagesbesucher gegangen sind.

Es ist ein ganz besonderes Erlebnis, diesen Ort auf diese ganz besondere Weise erleben zu können.

Und ich hoffe, es war für Euch mal ein unterhaltsames Erlebnis, wenn die Seifensiede-Näh-Mamatier-Postpanamamaxi Euch heute mal auf einen kleinen Spaziergang durch Haithabu mitgenommen hat.

Nächstesmal - wenn Euch das überhaupt interessiert - erzähle ich Euch vom Glasperlenmachen auf Wikingerart und wie man so lebte in damaliger Zeit.

Viele liebe Grüße,
Postpanamamaxi

PS: Und wie kommt so eine wie ich auf die Idee, Seife zu machen? Ich wollte wissen, ob die Araber mit ihren Berichten über das Hygieneverhalten in Haithabu wirklich Recht hatten. Wie haben die Wikinger Seife gemacht, hatten sie überhaupt welche und wozu haben sie sie verwendet?
Es ist hochspannend, was dabei alles herausgekommen ist...sowohl für mein Hobby Reenactment als auch für meine Seifensiederei.


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