Samstag, 11. August 2012

Cantorca

Na, sagt Euch dieser Name etwas?
Bis gestern habe ich damit nur den heimlichen Namen des Mädchens verbunden, das im Märchen "Krabat" den bösen Zauber bricht und ihre Liebe befreit. Diese Geschichte ist zauberhaft, und es lohnt sich, nicht nur die Realverfilmung von 2008, sondern auch den Zeichentrickfilm aus den 70er Jahren anzusehen. Und natürlich das Buch von Otfried Preussler zu lesen (meines steht im Schrank und ich werde es beizeiten meinen Kindern vorlesen).

Aber gestern kam ein neuer Aspekt dazu. Ein akustischer, um genau zu sein.

Ein Freitagvormittag in einer Dithmarscher Kleinstadt. Den Großen hatte ich in der Vorschule abgeliefert, der Kleine lief mit mir über den Wochenmarkt. Ich mag es, mit den Kindern über Wochenmärkte zu gehen, weil das Einkaufen dort ein geradezu sinnliches Erlebnis ist und sie hoffentlich etwas mehr Wertschätzung für unsere tägliche Nahrung lehrt.

Ein Cappuccino im Straßencafé...und dann das vertraute Geräusch einer Sackpfeife. Und einer Drehleier. Von irgendwoher auf dem Markt.
Die Musik will mich davontragen, also muss ich kurz die Augen schließen und im Geiste verwandelt sich die moderne Altstadt in einen Ort, wo die jetzt denkmalgeschützten Bauten noch nagelneu und der Dom noch gar nicht so alt sind und wo das alte Kloster noch existiert.
Markttag ist noch immer, aber die angebotenen Waren und Lebensmittel sind andere, und die Menschen benutzen überwiegend ihre Füße oder Tragtiere als Verkehrsmittel.

Dann wird die Musik lauter, die Musiker haben sich jetzt in meiner Nähe postiert und spielen bekannte und unbekannte mittelalterliche Weisen. Ich bin begeistert und verweile extra länger, um zuhören zu können. Einige der Stücke kenne ich gut und es juckt mich in den Beinen, die vertrauten Tanzschritte zu machen.

Nein, mein Dreijähriger hat keine Lust, mal an der Drehleier zu kurbeln, als es ihm freundlich von Eric angeboten wird. Ungewohnt schüchtern versteckt er sich hinter meinem Bein, um derart geschützt seiner Neugier zu folgen und dahinter rauszugucken.

Ich lache Britta an und wage die Vermutung, dass mein Jungsvolk später wohl eher zur Sackpfeife greifen werden, um mir mit dem damit erzeugbaren Lärm den Verstand und den letzten Rest Gehör wegzutröten. Denn gerade der Anfang mit dem Dudelsackspiel ist bekanntermaßen schwierig und zuerst fabriziert man damit eher Lärm als hörbare Musik. Dass meine Jungs über Lungenvolumen verfügen, haben sie schon damit bewiesen, als sie bei der EM statt auf der Vuvuzela auf der Gießkanne getrötet haben.

Na, notfalls würde meine Brut musiktechnisch auf den Dachboden der Garage auswandern müssen. Dort ist Platz für einen richtigen kleinen Probenraum. Und genügend Abstand, um keinen zu stören.

Ich liebe Musik, auch wenn mir leider niemals eine musikalische Ausbildung zuteil geworden ist. Ich singe für mein Leben gern, auch wenn ich es nicht sonderlich gut beherrsche. Und ich hoffe, dass ich meinen Jungs diese Freude weitergeben kann. Man muss kein Instrument spielen, um Freude an Musik zu haben. Wenn sie aber Lust haben, ein Instrument zu erlernen, dann werde ich sie fördern, so gut ich kann.

Am Ende unseres fröhlichen Marktgesprächs erhielt ich dann eine Karte von den beiden sympathischen Musikern. Ihr Duo heißt "Cantorca".

Als ich diesen Namen las, musste ich lächeln. Krabat ist eine meiner Lieblingsgeschichten und besonders die tschechische Zeichentrickverfilmung aus den 70er Jahren hat sich bei mir unvergesslich eingeprägt. Ein wunderschöner Name für ein Musikprojekt, das sich bekannten mittelalterlichen Weisen, aber auch brandneuen Eigenkompositionen verschrieben hat.

Ich wünsche Britta und Eric von Herzen viel Erfolg auf ihrem Weg. Und damit Ihr hören könnt, was ich nur beschreiben konnte, empfehle ich Euch folgende Seite:

Musik zum Reinhören

2 Kommentare:

  1. Hey, was für eine bezaubernde Geschichte!
    Zur Kantorka kann ich noch sagen, daß das kein sorbischer Name ist, auch wenn das im Film so rüber kommt. Kantorka ist eine Funktion - sie ist die Vorsängerin der Spinnstube. (vom Kantor in der Kirche abgeleitet) Die Kantorka kennt alle Volks- und Kirchenlieder, die im Dorf gesungen werden und bringt sie den unverheirateten Mädchen bei. Sie sorgt mit den älteren Mädchen in der Spinnstube für Ordnung und leitet Bräuche der Dorfjugend mit an. Eine wichtige, einflußreiche Position in der Dorfgemeinschaft also.

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  2. Wunderschöne Musik - danke für den Link.
    V. a. der Totentanz hat es mir angetan!(?)

    Liebe Grüsse Marlene

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