Sonntag, 5. Februar 2012

Seife aussalzen

Seife aussalzen ist ein langwieriges Unterfangen.
Das Ergebnis ist Kernseife, eine mit 0% überfettete Seife, die all die pflegenden Eigenschaften der Fette und Öle verloren hat und der verfahrensbedingt auch noch das gute Glycerin entzogen wurde.
Sie pflegt nicht, sieht nicht schön aus, duftet nicht betörend - sie reinigt einfach nur.
Aus diesem Grund verwendet man diese Seife zum Putzen und nicht zur Körperpflege.

Früher, als man noch keine standardisierten Fettqualitäten und kein genau in der Stärke kalkulierbares NaOH hatte, waren die meisten Seifen Kernseifen.
Noch meine Großmutter hat auf diese Weise als Kööksch Seife hergestellt:
Man nahm einen Kessel, füllte ihn mit Abfallfetten (Schlachtabfälle, die nicht mal mehr gut genug für die Wurst waren, oder man kochte Knochen aus), Wasser und NaOH. Dann wurde gerührt und geköchelt, bis man einen Seifenleim bekam.

Es wurde mit einem Laugenüberschuss gearbeitet.

Und ohne Schutzbrille, Handschuhe und meistens auch ohne wirklich viel Ahnung über die chemischen Vorgänge, die dabei stattfanden.

Anders als bei der Seifenherstellung, wie wir sie in unseren Seifenküchen betreiben, wurden damals verhältnismäßig große Mengen Wasser verwendet.

Dann wurde Salz zugefügt. Das Salz sollte die Lauge binden, die bei der Verseifung der Fette übriggeblieben war. Die Masse trennte sich, oben setzte sich die Seife ab (der "Kern" der Seife - darum Kernseife), darunter befand sich das Wasser mit Salz und Lauge und das Glycerin.
Die Seife wurde abgeschöpft, die sogenannte Unterlauge weggeschüttet.

Dann wurde sicherheitshalber noch einmal die Seife mit frischem Wasser aufgekocht, der Seifenleim glattgerührt - und wieder soviel Salz zugegeben, bis sich die Seife wieder vom Wasseranteil trennte. Damit sollte jeglicher Laugenüberschuss ausgesalzen sein.
Die Seife wurde abgeschöpft, in flache Kisten gefüllt, die mit einem dünnen nassen Tuch ausgelegt waren - und nach 24 Stunden wurde die erstarrte Seife aus der Kiste gestürzt, geschnitten und zum Trocknen an einen luftigen Ort gepackt.

Diese Kernseife war sehr lange haltbar.
Ich bitte zu beachten, dass dies keine konkrete Anleitung und Aufforderung dazu ist, Seife nach Großmutters Art herzustellen - vor allem nicht ohne Schutzbrille und Handschuhe! Vernünftige Informationen rund ums Seifensieden findet man u.a. beim Seifentreff.

Das Aussalzen von Seife funktioniert fast genauso. Um es zu veranschaulichen, habe ich mal ein paar Fotos gemacht:

Hier sieht man einen Berg feinstgehobelter Seifenspäne im großen 15-Liter-Topf.
Ich hatte meine alten Seifenbestände aus Hobbysiederzeiten durchsortiert und alles kleingerieben, was entweder seinen Duft verloren hatte oder optisch nicht gelungen war.


Warum es sich lohnt, die Seife vorm Einschmelzen zu zerkleinern? Man spart sehr viel Zeit beim Einschmelzen - bei ganzen Stücken braucht es bis zu 4 Stunden und anstrengende Rührerei, bis sie geschmolzen sind, mit geraspelter Seife hat es nicht mal eine Stunde gedauert!


Zu diesem Zeitpunkt war die Seife gerade mal 15 Minuten am Köcheln. Man sollte häufig rühren, den Topf am besten nicht allein lassen und die Kochstufe nicht zu hoch wählen. Seife kann überkochen oder auch im Topf anbrennen und es riecht gräßlich (mal davon abgesehen, dass man bei der Gelegenheit gut testen kann, ob die Rauchmelder im Haushalt alle reagieren).


Da die geraspelten Seifen eine Überfettung aufwiesen, befindet sich natürlich noch unverseiftes Fett im geschmolzenen Seifenleim. Da Kernseife 0% Überfettung hat, wird also eine Portion Lauge aus NaOH und Wasser hinzugegeben.

Ich habe aufgrund meiner Siedegewohnheiten überschlägig so gerechnet:
1kg Seifenraspeln, meistens zu ca. gleichen Anteilen aus Palm- und Kokosfett, Raps- und Olivenöl gesiedet. Ca. 15% weitere Öle wie Reiskeim- oder Mandelöl. Überfettung meistens 8%. Den Wasseranteil der Seife vernachlässige ich dabei. Macht also rund 80g unverseiftes Fett, die ich der Vereinfachung halber als 25%Rezept aus den Grundfetten in einen Seifenrechner eingebe. Der Seifenrechner von Naturseife.com wirft mir für 80g Überfettungsmix 11,87g NaOH aus.

Ich dosiere 15g NaOH, also ganz bewusst höher:
- Ich weiß, der Seifenrechner von Naturseife.com kalkuliert mit gewissen Sicherheitsreserven.
- Ich habe neben den Grundfetten auch noch eine unbekannte Menge an Mandel- oder Reiskeimöl in den Seifen gehabt.
- Aussalzen von Seife wird immer mit einem Laugenüberschuss gemacht, die überschüssige Lauge wird anschließend durch das Salz gebunden und vom Seifenkern getrennt.

Ich habe mein Rechenbeispiel offen niedergelegt, damit man erkennt, mit wie wenig NaOH man arbeiten muss. Überschüssige Lauge wird zwar durch das mehrfache Aussalzen sicher gebunden und entfernt, aber wozu sollte man das teure NaOH überdosieren, wenn man mit etwas Rechnerei auch sparsamer und trotzdem ausreichend dosieren kann! Wer jetzt auch Seife aussalzen will, rechnet bitte selbst anhand seiner eigenen Rezepturen nach, welche Menge in Frage kommt.

Achtung, wenn man zu köchelnder Seife Wasser hinzufügt, dann sprudelt es gern heftig auf und es kann weit spritzen. Passiert dieses bei Lauge, gibt es neben Verbrennungen auch noch Verätzungen!
Also sind Schutzbrille und Handschuhe hier Pflicht. Und nein, eine normale Korrekturbrille reicht nicht aus, spritzende Lauge findet nämlich genau die Lücke zwischen Gestell und Wange und trifft ins Auge!

Man sieht auch deutlich, dass es wichtig ist, keinen allzukleinen Topf zu wählen.


Nachdem man die Lauge zum Seifenleim hinzugefügt und gründlich verrührt hat, ist es an der Zeit, das Salz zuzugeben. Man kann das Salz problemlos direkt zum Seifenleim dazugeben und gründlich verrühren. Und wenn man alles richtig gemacht hat, dann sieht die Seife anschließend so aus wie auf obigem Bild.

Für 1kg Seifenspäne habe ich in insgesamt 4 Durchgängen rund 2kg normales billigstes Kochsalz verwendet. Etwas mehr in Reserve zu haben, ist aber immer ratsam.

Der Salzverbrauch wird auch davon beeinflusst, ob man mit viel oder wenig Wasseranteil arbeitet. Bei viel Wasser benötigt man auch mehr Salz, weil sich der Kern der Seife erst abtrennt, wenn die Salzkonzentration hoch genug ist.

Bleibt der Seifenleim nach Salzzugabe und gründlichem Verrühren weiterhin glatt, dann hat man zuwenig Salz verwendet und muss nachdosieren.


Jetzt wird die Seife abgeschöpft. Man kann hier sehr gut die Unterlauge erkennen. Weil die geraspelten Seifen Farbstoffe enthielten, ist ein Teil davon dorthin übergegangen. Man kippt sie weg.

Und dann geht es wieder von vorn los: Man gibt die abgeschöpfte Seife in den Topf, fügt ein bisschen Wasser zu, rührt die Masse glatt, salzt erneut aus...schöpft die Seife oben ab und kippt die Unterlauge weg. Im besten Fall - abhängig von den Ausgangsseifen - wird die Seife immer heller und die Unterlauge wird mit jedem Durchgang klarer. Man kann jetzt auch weniger Wasser verwenden als beim Einschmelzen - das spart Kochsalz!

Nach dem zweiten Durchgang kann man eine Geschmacksprobe machen. Die Seife sollte leicht salzig schmecken, aber auf gar keinen Fall mehr bizzeln.
Man könnte die Seife nach bestandener Probe in Blockformen füllen - oder aber man macht noch einen oder zwei Durchgänge in der Hoffnung, die Seife noch etwas heller zu bekommen.

Nach dem vierten Durchgang war meine Seife immer noch Kleinmädchenrosa. Also habe ich sie in meine Blockformen gefüllt und den Rest in eine jener Weihnachtsmanntrays gefüllt, die ich in der Adventszeit gesammelt habe.
Nach 6 Stunden konnte ich die Seifen aus der Form nehmen.
Nach weiteren 12 Stunden habe ich dann die Seifenblöcke geschnitten.

Hierbei kam dann meine neue Seifenschneidhilfe zum Zuge, die mein lieber Nachbar entworfen und gebaut hat:



Diese Seifenschneidhilfe macht nicht nur, dass man gerade abschneidet - sie hilft auch, gleichmäßig dicke Stücke zu schneiden.
Mein Nachbar hat mir diverse dieser Seifenschneidhilfen angefertigt für Scheibendicken in 15, 20 und 25mm Dicke - und für Seifenblöcke im Hoch- und im Querformat.






Wer nun gerade keine Abkantbank im Schuppen herumstehen hat, kann sich genausogut ein U aus Holz bauen: So tief, wie die Seifenscheibe dick sein soll, so breit wie der Seifenblock und ca. 2cm höher als der Seifenblock (bitte dran denken, dass die Schneidhilfe nicht höher sein darf als der Schneidspachtel lang ist, damit der Griff nicht oben auf den Rahmen stößt).



Und so schön gleichmäßig kann man mit der Schneidhilfe arbeiten! Ich bin ganz begeistert und falls jemand Interesse hat, sich so ein nettes Hilfsmittel zu ertauschen, kann ich gern mit meinem Nachbarn sprechen.

Jetzt müssen die Seifenstücke nur noch trocknen, dann können sie neue Besitzer finden.

Man kann diese Kernseifen wunderbar bei häuslichen Putzaktionen einsetzen. Sehr gut macht sie sich auch beim Vorbehandeln von Flecken auf Kleidung. Meine Jungs machen reichlich Flecken. Man kann diese Kernseife nach dem Trocknen natürlich auch wieder raspeln und dann einen Teil des Waschpulvers damit ersetzen. Auf Fußbodendielen soll sie sich auch wunderbar machen (das habe ich in Ermangelung solchen Bodenbelags noch nicht testen können).

9 Kommentare:

  1. Boah genial, das Ding! Ich hätte absolut Interesse zu tauschen (egal ob gegen Bares oder andere Materie), wenn das möglich ist.
    Und ehrlich gesagt finde ich die babyrosa kernseife total witzig! Ich hatte auch schon diverse Pastellfarben bei meinen kernseifen...

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    1. Sag bitte, welche Scheibenbreite und -Dicke gewünscht ist und womit Du schneidest - mein Nachbar sitzt gerade hier, grinst stolz und glücklich und freut sich über eine seifige Überraschung im Tausch!

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  2. Aaaaah... Seife aussalzen. Ich steh da ja voll drauf :D Dieses rummantschen und abschöpfen.. *lach* Ich komm allerdings mit den Stücken nicht so gut klar, deshalb trockne ich die fertige Putzseife immer und pulverisiere sie dann nach einigen Wochen in der Küchenmaschine.. das Pulver finde ich dann von der Dosierung immer am praktischsten! Und was den "Duft" angeht: Mich erinnert der typische Eigengeruch immer total an Omas Waschküche früher. Sie hatte noch so einen riesigen Waschkessel, der früher immer einmal die Woche zum Wäsche waschen + baden angefeuert wurde (also..in meiner Kindheit war schon lange eine Badewanne vorhanden, aber den Kessel hat sie noch für Wäsche verwendet, als ich klein war). Und wenn Waschtag war (dann durfte klein fyo übrigens nicht allein in den Waschkeller wg. des kochendheißen Wassers, da war Omi gaaaanz streng!) dann roch es immer im ganzen Keller des alten Hauses nach genau diesem sauberen Putzseifengeruch..mhhhmmm! Diese Erinnerungen sind ein Grund, warum ich immer wieder Putzseife nehme..hihi. Funktioniert bei mir übrigens auch super gegen Blutflecken.. besser als alle bisher getesten anderen Fleckenentferner!

    Lg von fyo, die noch einen Topf halbfertig ausgesalzene Seife auf dem Schrank stehen hat, weil ihr bei der letzten Aktion vor Weihnachten das Salz ausgegangen war und sie seitdem keine Zeit gefunden hat.. langsam wird das ein Fall einer potentiellen MEP-Aktion *lach*

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  3. Ich mag den Kernseifengeruch auch total gerne. Das klingt komisch, aber ich finde, es riecht auf gute Weise so _sauber_.
    Liebe Postpanamamaxi, ich nutze sowohl Draht (der hat dann ja keine Schnitttiefe), als auch einen Crinkleschneider mit einer Breite von 15,5cm zwischen den Schneidehalterungen und einer Höhe von 10,7 von Messerkante bis Griffbeginn. Dazwischen sind dann noch meine Finger. Also besser knapp 9 cm von Messerkante bis Finger-unter-Griff. Absolut glücklich würde mich so ein Ding für 2,7cm dicke Seifen machen. Alle Standardschneider sind nämlich auf 2,5cm ausgerichtet, was irgendwie doof ist, weil ich mich auf 2,7cm eingeschossen habe...
    Liebe Grüße!

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  4. Super Erklärung liebe Liz! Schön, wenn man hier immer wieder an all das erinnert wird, was man ja noch machen wollte... Und deine Schneidhilfe ist echt top! Liebe Grüße, Anke

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  5. Oh, ich hab viel gelernt beim Lesen hier bei Dir.
    Ich hab nun den Duft von meiner Omas Kernseife in der Nase. Ich mag das auch.
    Das war ein sehr informativer Post, danke schön
    Wie geht es Euch, könnt Ihr die eisigen Temperaturen noch gut aushalten?
    liebe Grüsse
    Elisabeth

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  6. Und ich wollt mir mal einen teuren Seifenschneider kaufen oder bauen lassen -

    Aber auch die Einfachheit heiligt die Mittel :D danke für diese schönen Anregungen -

    Liebe Grüße Krissi

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  7. Coool - also mit dieser Farbe macht garantiert auch das Putzen Spass. Bis jetzt habe ich mir immer so "graue Brocken" ertauscht - die ist wirklich mal ganz anders.
    LG Iris

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  8. Hey Leute wir haben auch Seife hergestellt ist ein Schulpfojekt gewesen, wir haben morgen den vortrag und bei uns ist sehr viel flüssigkeit über der seife übrig geblieben.
    Morgen bei dem Vortrag muss ich wissen wieso.
    Könnt ihr mir vielleicht helfen?

    Ist echt wichtig
    LG sarii

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